Keine Bleibe im Hotel Adlon

Eineinhalb Jahre hat das Berliner Hotel Adlon gebraucht, um im Fall der afrodeutschen Studentin Jocelyne N. klein beizugeben. Im Sommer 1997 war die Jurastudentin von einer Zeitarbeitsfirma an das Nobelhotel vermittelt worden. Bereits am zweiten Tag erhielt sie jedoch die Kündigung. Begründung: Ihre geflochtenen Zöpfe entsprächen nicht den "durchschnittlichen mitteleuropäischen Gegebenheiten". Jocelyne N. verlangte daraufhin eine Entschuldigung von der Hotelkette Kempinski. Doch dort wollte man kein rassistisches Verhalten erkennen. Einen Vorschlag für eine außergerichtliche Einigung lehnte das Hotel ab: Weder wollte man sich entschuldigen noch auf den Vorschlag eines Schmerzensgeldes von rund 1 000 Mark eingehen. Jocelyne N. reichte also eine Schadensersatzklage beim Arbeitsgericht Berlin ein. Dort ließ sich das Adlon dann am Mittwoch vergangener Woche doch auf einen Vergleich ein. Man könne sich inzwischen der Auffassung Barbara Johns (CDU) anschließen, erklärte Rechtsanwalt Hans-Joachim Jungbluth für das Hotel. Die Berliner Ausländerbeauftragte hatte im Oktober 1997 die Formulierung "mitteleuropäische Gegebenheiten" als "Ausdruck einer gesellschaftlich völlig überholten Rechtsprechung" bezeichnet. Zudem versprach Jungbluth, sich bei der Zeitarbeitsfirma "nachhaltig" für die Zahlung des Verdienstausfalls einzusetzen. Jocelyne N. zog daraufhin ihre Schadensersatzforderung zurück. Ihr Hauptanliegen sei eine Entschuldigung gewesen. Im Adlon ist man indes um Schadensbegrenzung bemüht: "Weder das Unternehmen Kempinski noch das zur Hotelgruppe gehörige Hotel Adlon betreibt oder duldet eine rassistisch geprägte Personalpolitik", hieß es in einer Erklärung.