Bruchlandung eines Jägers

Nach einer geplatzten Veranstaltung gegen die Wehrmachtsausstellung bemüht sich die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik um Schadensbegrenzung

Es hätte so schön werden können. Der Publizist Rüdiger Proske sollte am 15. März im Hamburger Verteidigungsbezirkskommando 10 der Bundeswehr seine "Streitschrift" mit dem programmatischen Titel "Wider den Mißbrauch der Geschichte deutscher Soldaten zu politischen Zwecken" vorstellen. Die Veranstaltung sollte als Vorbereitung auf die von Ende Mai bis Mitte Juni nach Hamburg kommende Ausstellung "Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" des Hamburger Instituts für Sozialforschung dienen. Eingeladen hatte, unter anderem mit Veranstaltungshinweisen in der rechtsextremen Jungen Freiheit, die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e.V. (GfW).

Doch nun darf Proske gar nicht kommen. Die Veranstaltung wurde von der Bundeswehr kurzfristig abgesagt: wegen "Gefährdung ihrer Liegenschaften", wie Klaus-Dieter Ülhoff, GfW-Präsident, gegenüber Jungle World erklärte. Was das genau bedeuten soll und wer da was gefährdet, scheint selbst den Beteiligten unklar zu sein.

Von der Pressestelle der Bundeswehr war zu erfahren, daß allein die Person Proskes Grund für die Absage war - schließlich wolle man rechten wie linken Kräften keinerlei Forum zur Agitation bieten. Seit der Veröffentlichung seiner Streitschrift 1996 gilt Proske, langjähriges SPD-Mitglied und ehemaliger Mitarbeiter von Panorama, als Kronzeuge gegen die Ausstellung des Hamburger Instituts. Proske, der als Jagdflieger 1940 abgeschossen wurde, meint, daß das Hamburger Institut "vorsätzlich generalisiert" und "pauschalisiert", um die Wehrmacht als eine "Verbrecherorganisation" darzustellen. Die Ausstellung sei "unwissenschaftlich" und eine "linksradikale Politikkampagne".

In einem Gespräch mit den Bremer Nachrichten hatte Proske 1996 erklärt: "Die Ausstellung ist ja sehr geschickt gemacht. Vielleicht war es ja ein Schüler von Goebbels, der auf die Idee gekommen ist: Damals haben die rechten Radikalen die Juden verfolgt; und jetzt verfolgen die linken Radikalen die Wehrmacht." Proskes Streitschrift avancierte denn auch rasch auf Platz 1 der Bestsellerliste der Jungen Freiheit. Dies wollte selbst der Autor nicht: "Man kann es (...) nicht vermeiden, (...) daß man falsche Freunde bekommt", verteidigte sich Proske, gab der Jungen Freiheit 1997 dann aber doch ein Interview.

Dies hat sich mittlerweile sogar bis zur Bundeswehr herumgesprochen, die Proske nun kurzfristig auslud. Die Veranstalterin GfW aber ist weiterhin hoch angesehen. Wenn ihr auch in jüngster Zeit weniger Regierungsgelder zugingen, so sei dies nicht auf den Vorwurf rechtsextremer Inhalte zurückzuführen, sondern auf allgemeine Sparmaßnahmen, erklärt die Pressestelle der Bundeswehr.

Und das, obwohl im Februar dieses Jahres bekannt wurde, daß die 1952 zur "Stärkung der Verteidigungsbereitschaft" gegründete GfW jahrelang Referenten beschäftigte, die Verbindungen zur extremen Rechten haben. Zum Beispiel General a.D. Franz Uhle-Wettler, der als Autor im rechten Arndt-Verlag eine Festschrift für den Holocaust-Leugner David Irving unterstützt.

Wie in der Vergangenheit sollte die GfW dieses Jahr über 400 000 Mark von der Bundesregierung erhalten, die Hälfte davon wurde bereits ausgezahlt. Doch mittlerweile hat die Bundesregierung die noch ausstehende Summe eingefroren. Zwar verdiene die GfW grundsätzlich Vertrauen, ließ sich im Bundespresseamt erfahren, dennoch müsse sie geprüft und einschneidend reformiert werden, um eindeutige Kritikpunkte auszuschließen. Denn auch relativ große Organisationen könnten Opfer von Unterwanderung werden, so der Tenor aus dem Bundespresseamt. Daher müßten Steuerungsdefizite ausgeräumt werden. So sei der Vorstand über die eingeladenen Personen und Organisationen meist nicht informiert gewesen.

Indirekt bestätigt dies auch der Präsident der GfW, Klaus-Dieter Ülhoff: Er betont, bei der geplanten Lesung von Proske handele es sich nicht um seine Veranstaltung, vielmehr sei diese von der GfW Hamburg zusammen mit anderen Trägern organisiert worden. Strukturelle Reformen hält er jedoch nicht für nötig, schließlich verfüge die Gesellschaft "über eine demokratische Satzung, demokratisch gewählte und ehrbare Landesvorsitzende". So beziehen sich die geforderten Reformen aus seiner Sicht nur auf bestimmte Referenten, die das Bundespresseamt nicht mehr haben will. Die GfW hingegen zweifele nicht an deren "demokratischer Grundhaltung".

Auf den Punkt bringt es der Geschäftsführer der Gesellschaft, Brigade-General a.D. Gerd Eckert: Es sei einfach nur "bodenlos, was da mit uns gemacht wird". Schutzlos ausgeliefert scheint die GfW den "Verleumdungen" jedoch nicht zu sein: GfW-Chef Ülhoff wurde umgehend vom Bundespresseamt über Recherche-Nachfragen zu seiner Gesellschaft informiert.