"Hahn auf, Hahn zu"

Interview mit Francesco Garcia, Geschäftsführer der Kooperative Ecomediterrania in Alaquas, Valencia

Wie entstand die Idee, in Eurer Kooperative Flüchtlinge zu beschäftigen?

Im vergangenen Jahr, zur Erntezeit, brauchten wir Leute zum Apfelsinenpflücken. Wir haben über den Einsatz von Migranten diskutiert, denn hier in der Nähe, in Mislata, gibt es eine Flüchtlingsunterkunft. Die Flüchtlinge finden kaum Arbeit und wenn, dann werden sie ausgebeutet und betrogen. Wir fanden, es passt zu unserer Philosophie der ökologischen Produktion, ihnen zu helfen, sich ihren Lebensunterhalt selbst und tariflich bezahlt zu verdienen.

Es ging nicht nur um ökonomische Überlegungen?

Bei der Gründung der Kooperative hatten wir die Vorstellung, dass dem Schutz des Bodens die gleiche Aufmerksamkeit zukommt wie dem der Menschen. Wir können nicht den Boden in Übereinstimmung mit der Natur bebauen, während wir die Menschen mies behandeln. Wir haben mit drei Personen angefangen, heute arbeiten neben den Mitgliedern je nach Saison bis zu sieben Leute hier. Es sind politische Flüchtlinge aus Angola, dem Kongo, aus Algerien, Ecuador, Kolumbien und Kuba. Sie diskutieren zur Zeit die Gründung einer eigenen Kooperative mit ökologischem Anbau von Zitrusfrüchten.

Die Mehrheit der Landbesitzer legt es darauf an, billige Arbeitskräfte zu bekommen.

Freunde der hier Beschäftigten berichten, sie verlassen frühmorgens das Heim und kommen viel später zurück als die bei uns Beschäftigten. Und ihr Tageslohn ist wesentlich geringer.

Gibt es keine Probleme mit anderen Bauern, wenn Ihr höhere Löhne bezahlt?

Für die sind wir keine Konkurrenz. Es ist eine unglaubliche Ausbeutung, die da läuft. 1200 Peseten (rund 14 Mark) für einen Tag werden bezahlt. Die Erntearbeit wird nach Kilo berechnet, und in einigen Firmen ist es üblich, schon während des Tages die Kisten wegzufahren. Wenn die Leute zur Sammelstelle kommen, fehlen sechzig bis achtzig Prozent der Apfelsinenkisten. Die Landbesitzer wissen, dass sich die Illegalen nicht beschweren oder klagen können.

Wie viel verdienen sie bei Euch?

Auch wir bezahlen nach geernteten Kilos. Eine geübte Gruppe, die sieben, acht Stunden erntet, kann zwischen sechs- und neuntausend Peseten verdienen. Aber die MigrantInnen haben weniger Erfahrung, und so verdienen sie weniger: zwischen vier- und sechstausend Peseten.

Nicht gerade umwerfend

Stimmt, aber das entspricht den gesetzlichen Bestimmungen.

Dann müssten die zuständigen Behörden ja zufrieden mit Euch sein?

Bis wir einen einstellen können, gibt es unzählige behördliche Hürden zu überwinden. Es gab Leute, die hatten ihre Arbeitspapiere in Ordnung, aber nach ein paar Tagen endete die Arbeitserlaubnis. Die musste erneuert werden, aber in dieser Zeit durften sie nicht arbeiten. Dann gibt es jene, deren Erlaubnis mit Verspätung eintrifft, und nach vier Tagen müssen sie schon wieder aufhören, weil die begrenzte Arbeitserlaubnis abgelaufen ist. Es ist ein nicht unbeabsichtigtes Chaos. Wenn du einen Einheimischen anstellst, hast du in zwei Tagen alle Papiere zusammen und die Leute können mit ihrer Arbeit anfangen.

Die Verwaltung legt es darauf an, illegale ArbeiterInnen zu produzieren?

Sie gehen nach dem Wasserhahnprinzip vor. Manchmal wird der Hahn etwas geöffnet, dann voll aufgedreht, wie gerade der Bedarf ist. Oder er wird radikal zugedreht. Sie wollen die Menge der BilligarbeiterInnen regulieren.