Konsens gestört

Einen harmonischen Start ins neue Jahr plant die Bundesregierung. Knapp 500 Tage, nachdem Rot-Grün ihrer Koalitions-Vereinbarung nach ein Atom-Ausstiegsgesetz eigentlich schon verabschiedet haben wollte, sucht sie nun wieder den Konsens mit den Chefs der deutschen Energie-Konzerne: Die im Juni letzten Jahres abgebrochenen Gespräche mit den Betreibern der Atomkraftwerke sollen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung nun am 12. Januar wieder aufgenommen werden. Ob der von den Grünen beschlossene Ausstieg nach 30 Jahren wirklich Konsens-tauglich ist, ist allerdings fraglich. Die Partei hatte im Dezember dem Druck von Außenminister Joseph Fischer und Umweltminister Jürgen Trittin nachgegeben, und Gesamtlaufzeiten in dieser Länge zugestimmt. Trittin bezeichnete dies noch letzte Woche als die Grundlage einer gemeinsamen Verhandlungsposition von SPD und Grünen. Der Viag-Vorsitzende Wilhelm Simson hingegen sieht das anders: »Unser Verhandlungspartner ist nicht die grüne Partei, sondern die Bundesregierung«, sagte er der Zeit. Für ihn gelte weiterhin der Vorschlag, den der parteilose Wirtschaftsminister Werner Müller den Konzernen im Sommer unterbreitet hatte: 35 Jahre Gesamtlaufzeit. So könnte sich das Anbiedern der Grünen an das Atom-Kapital am Ende doch noch als nutzlos erweisen - und der erste Reaktor unter einer Regierung ohne grüne Beteiligung abgeschaltet werden. Worauf Trittin ohnehin nicht mehr setzt: »Eine Abschaltung ein paar Monate vor der Wahl damit zu bezahlen, dass alle anderen Reaktoren drei, vier oder fünf Jahre länger laufen und mehr Atommüll produzieren, halte ich für keine gute Idee«, sagte er der SZ.