Wahlzeit, Kriegszeit

Der Countdown für die russische Präsidentenwahl läuft. Am Sonntag lief die Frist zur Einreichung der Bewerbungsunterlagen ab. Zwischen 15 Kandidaten hat man nun die Qual der Wahl, darunter so erlesene Gestalten wie der amtierende Interims-Präsident und Ex-KGBler Wladimir Putin, der in den Umfragen fast unschlagbar in Führung liegt; der rechtsextreme Polit-Clown Wladimir Schirinowski; der sozialdemokratische Nationalist Gennadi Sjuganow von der KP, dem 20 Prozent prognostiziert werden, womit er seinen Platz als ewiger Zweiter verteidigen könnte; der liberale Grigori Jawlinski; der von Boris Jelzin geschasste Generalstaatsanwalt Juri Skuratow.

Während an der Wahlfront Normalität simuliert wird, wurde auf ökonomischer Ebene ein Gau aufgeschoben: Eine Umschuldung über russische Verbindlichkeiten in Höhe von rund 63 Milliarden Mark wurde vereinbart, und zwar mit dem Londoner Club, der Gang westlicher Gläubigerbanken. Schulden-Erlass rund 50 Prozent zum Gegenwartswert, Schulden-Stundung, längere Rückzahlfristen. Nun hofft der russische Staat auf eine ähnliche Vereinbarung auch mit dem Pariser Club, der Gang der staatlichen Gläubiger.

Auch im Krieg geht's voran: Die russischen Truppen jagen in dem Trümmerfeld, das früher als Grosny bekannt war, die dort verbliebenen islamistischen Kämpfer. Zugleich beginnt in den Bergen im Süden Tschetscheniens eine russische Großoffensive gegen die etwa 7 000 Freischärler, die von dort aus einen Guerillakrieg führen wollen. Laut AFP sind südwestlich von Grosny seit dem 2. Februar bereits mehrere Hundert Zivilisten ums Leben gekommen.