Wahlen in Spanien

Mit Zitronen gehandelt

Warum sollte Pepe ein halbwegs erprobtes Modell gegen Versprechungen eintauschen? Und warum sollte Carmen für eine Kopie votieren, wenn sie mit dem Original bisher gut gefahren ist? Knapp zwei Drittel der insgesamt 34 Millionen Stimmberechtigten in Spanien haben eine eindeutige Antwort gegeben: Über zehn Millionen Kreuzchen gegen Experimente, für die konservative Partido Popular (PP) und vor allem für José Mar'a Aznar. Die Volkspartei wird zukünftig über 183 Sitze im Parlament verfügen, ein Plus von 27 Mandaten. Auch im Senat hat die PP die absolute Mehrheit erreicht.

Spanien ist parlamentarisch endgültig nach rechts gerückt: Die sozialdemokratische Partido Socialista Obrero Espa-ol (PSOE) hat mehr als dreieinhalb Prozentpunkte und damit sechzehn Parlamentarier eingebüßt. Die Zustimmung für die von der kommunistischen Partei dominierte Izquierda Unida (IU) hat sich prozentual halbiert, nur noch acht Mandate wird es künftig für die linken Unionisten geben. Vor vier Jahre machten noch 21 Frauen und Männer »linke Opposition«.

Für die parlamentarische Linke ist das Votum ein Desaster. PSOE-Chef Joaqu'n Almunia Amann zog denn auch drei Stunden nach der Schließung der Wahllokale die Konsequenzen und trat zurück. Der 52jährige hatte die IU für ein Wahlbündnis geworben - erstmalig seit dem friedlichen Übergang vom diktatorischen Franco-Regime zur BND-alimentierten parlamentarischen Demokratie. Die Linksallianz hat keine Neuwähler mobilisieren können. Im Gegenteil: 30 Prozent Nichtwähler dokumentieren eindrücklich: Linke Parlamentsopposition ist in Spanien derzeit out.

Niemand hatte damit gerechnet, dass der von seinen Kritikern gern als »Spaniens Charlie Chaplin« verspottete Aznar einen solchen Sieg erringen könnte. 1996 war der heute 47jährige Staatschef noch auf die Hilfe der baskischen, kanarischen und katalanischen Nationalisten angewiesen, um die erforderliche Stimmenmehrheit im Kongress zu erzielen. Die lukrative Allianz vor allem für die katalanische Region und deren parlamentarische Vertretung, die Convergència i Uni- (CiU), ist nun zu Ende. Für die Autonomisten ist das ein herber Schlag. Es ist unwahrscheinlich, dass der ehemalige Steuerinspekteur Aznar neue Zugeständnisse an die nach Autonomie strebenden Regionen machen wird.

Gerade für das Baskenland verheißt das nichts Gutes. Die spanische Regierung wird noch härter gegen die linksnationalistischen Kreise um Herri Batasuna vorgehen. Dass sie keinen Frieden mit der nach nationaler Unabhängigkeit strebenden Eta will, hat sie mit dem systematischen Torpedieren der Friedensverhandlungen gezeigt. Auch wenn zahlreiche Festnahmen die Organisation geschwächt haben, wird sie in den nächsten Wochen von sich hören lassen und versuchen, die Regierung zurück an den Verhandlungstisch zu bomben.

Keine rosigen Aussichten erwarten auch die ArbeitsmigrantInnen in Spanien. Auf der einen Seite wurden die Ausländergesetze so modifiziert, dass die billigen Arbeitskräfte aus dem Maghreb optimal in den wirtschaftlichen Verwertungsprozess eingepasst werden können. Gleichzeitig hat Aznar mit seinem »Überfremdungsgerede« deutlich gemacht, dass MigrantInnen nur vorübergehend geduldet werden sollen. Das dynamische Verhältnis zwischen Duldung, Pogrom und Vertreibung ist auch in Spanien jederzeit abrufbar.

Zu Beginn der heißen Wahlkampfphase hatten die maghrebinischen ErntearbeiterInnen in El Ejido, wo der rassistische Mob über sie hergefallen war, ihren Streik ausgesetzt, um das Wahlergebnis abzuwarten. Die sozialdemokratisch dominierten MigrantInnen-Organisationen hatten auf einen Linksruck im Parlament gesetzt. Sie haben wohl mit Zitronen gehandelt.