Clinton-Besuch in Kolumbien

Integrale Eingriffe

Mit dem Clinton-Besuch in Cartagena ist letzte Woche noch einmal deutlich geworden, was seit fast drei Jahren im Gange ist. Die USA betreiben in Kolumbien eine verdeckte Militärintervention. 1,3 Milliarden US-Dollar wird die kolumbianische Regierung in den nächsten Monaten erhalten, 90 Prozent davon als Militär- und Polizeihilfe. 300 offizielle Militärberater und 200 Ausbilder von »privaten Sicherheitsdiensten« wie MPRI, weniger fein Söldner genannt, sollen die Armee des südamerikanischen Landes trainieren und unterstützen. Und die drei neu gegründeten Anti-Drogen-Bataillone der kolumbianischen Streitkräfte stehen gleich unter dem Befehl von US-Offizieren.

Washington rechtfertigte die Eingriffe mit den Schlagworten »Drogenbekämpfung« und »Verteidigung der Menschenrechte«. Doch an dieser Begründung zweifeln inzwischen sogar jene Presse-Organe, die Clinton für einen liberalen Demokraten halten. Militäroperationen und Herbizideinsätze werden den Koka-Handel nicht beseitigen, sondern nur in abgelegene Gebiete verdrängen. Und warum ausgerechnet die Militärhilfe die Menschenrechtssituation verbessern soll, obwohl praktisch alle Armee-Einheiten Verbindungen zum Paramilitarismus pflegen, muss wohl ein Geheimnis der Clinton-Regierung bleiben.

Denn offensichtlich besitzen die US-Behörden beste Kontakte zu jener Drogen-Paramilitär-Connection, die sie zu bekämpfen vorgeben. Im Frühjahr wurde bekannt, dass die DEA mit kolumbianischen Drogenhändlern und Paramilitärs, darunter auch der Chef der Todesschwadronen, Carlos Casta-o, über eine Legalisierung verhandelte. Bei einer Einschränkung des Drogenhandels sei man bereit, zitierte El Nuevo Herald das Angebot, den Krieg der Paramilitärs zu finanzieren. Das wäre nichts anderes als eine Neuauflage der in Nicaragua praktizierten Contra-Finanzierung.

Dass sich Washington darauf einlässt, kann man nur mit der wirtschaftlichen und geostrategischen Bedeutung Kolumbiens erklären. Das Land besitzt große Vorkommen an Erdöl, Steinkohle, Gold und Smaragden. Gleichzeitig stellt es ein gefährliches Hindernis für die amerikanische Freihandelszone zwischen Alaska und Feuerland dar, die im Jahr 2005 Wirklichkeit werden soll. Das fehlende Stück der Panamericana-Straße liegt genauso im Guerillagebiet wie die geplante interozeanische Verkehrsverbindung.

Und schließlich hält Washington Kolumbien auch für ein regionales Sicherheitsproblem. Gemeinsam mit der ecuadorianischen Bauernopposition und der venezolanischen Linksregierung von Hugo Chávez könnte sich die Guerilla in Kolumbien zu einem unkalkulierbaren Risiko entwickeln.

Deshalb scheinen alle Mittel recht, um die Initiative zurückzugewinnen. Dass die Paramilitärs ihre Aktionen gegen die Zivilbevölkerung zuletzt in den rohstoffreichen Departements Bol'var und Norte de Santander konzentrierten, wo die US-Armee demnächst Militärbasen errichten will, muss nicht unbedingt auf einen US-Plan zurückgehen. Aber stören dürfte die US-Strategen die Vertreibung der renitenten Zivilisten auch nicht.

Der seit 20 Jahren tobende Krieg gegen Bauern und Gewerkschafter wird sich mit dem Plan Colombia (Jungle World, 34/00) weiter verschärfen - unterstützt von der EU. Von den 800 Millionen US-Dollar, die Anfang Juli auf dem Gebertreffen in Madrid für zivile Entwicklungsprojekte zugesagt wurden, soll nach der Vorstellung Bogotás ein Drittel in die von Paramilitärs kontrollierten Gebiete fließen. Früher hätte man das als »integrale Kriegsführung« bezeichnet.