Proteste gegen Globalisierung

Feinde verbinden

Die ökonomische Globalisierung hat zahlreiche Feinde. Viele werden sich Ende September in Prag versammeln. Andere haben bereits protestiert. Vor der Villa D'Este in Cernobbio am Comer See, dem Tagungsort des Ambrosetti-Wirtschaftsseminars. Dort riefen rund 400 Demonstranten zur »nationalen Rebellion gegen die Globalisierung« auf - und forderten »Freiheit und Faschismus«.

Neofaschisten in Schwarzhemden und italienische Naziskins hatten am ersten September- Wochenende gemeinsam mit »Gästen aus Deutschland« die Zufahrt zu der Villa blockiert. An der Tagung hatte neben dem EU-Kommissionspräsident Romano Prodi auch der italienische Ministerpräsident Giuliano Amato und Fiat-Ehrenpräsident Giovanni Agnelli teilgenommen.

Die Globalisierung sei eine Verschwörung von »Plutokraten der Finanzoligarchie«, gegen die man »die europäischen Traditionen« mobilisieren wolle, zitiert die römische Tageszeitung La Repubblica die Demonstranten. »Wir sind durch die Geschichte geeint, sie durch das Geld«, riefen die Nazis hasserfüllt. Und anschließend: »Juden raus«.

Seit einiger Zeit versucht die extreme Rechte, sich den Protesten gegen die Globalisierung anzuschließen. Die Agitation gegen das internationale Finanzkapital gehört schließlich seit den Gebrüdern Strasser zum festen Repertoire der alten wie der neuen Nazis.

Ungewöhnlich ist hingegen, dass der rechtsradikale Mob Sympathien bei der orthodoxen Linken genießt - zumindest in Italien. Die Demonstranten von Cernobbio hätten »gute Gründe für ihre Aktion gehabt«, sagte Fausto Bertinotti, Chef der Rifondazione comunista (PRC), der Zeitung Messagero Veneto. Es sei zwar falsch, die ökonomische Globalisierung in ein politisch-kulturelles Projekt umzudeuten, relativierte er seine Anerkennung. Doch mit seiner Aussage gab Bertinotti zu erkennen, dass es bei dem Kampf gegen die Globalisierung durchaus Gemeinsamkeiten mit den Rechten geben könnte.

Zur selben Zeit, als die Nazis in Cernobbio aufmarschierten, hat auch der französische Rechtsradikale Jean-Marie Le Pen auf seiner »Sommer-Universität« in Südfrankreich zum Kampf gegen die Globalisierung aufgerufen. Und dabei ausdrücklich den linken Bauernrebellen José Bové zu seinem Vorbild ernannt.

Der McDonald's-Feind und Verteidiger französischen Lebensstils grenzt sich zwar vehement gegen seine rechten Sympathisanten ab. Viel genützt hat dies bisher nicht; seine Themen nehmen sich die Rechten offenbar doch sehr zur Herzen.

Denn die Sorge um den Verlust »kultureller Identität« und die Agitation gegen einen »bindungslosen« Kapitalismus reicht bis weit in das konservative Spektrum. Dort wird die »Entfremdung« vornehmlich der US-amerikanischen Kulturindustrie angelastet. Und die Herrschaft einer kosmopolitischen Finanzelite gefürchtet.

Auf der anderen Seite fühlen sich viele Linke berufen, den europäischen Sozialstaat keynesianischer Prägung gegen den hemmungslosen US-Liberalismus zu verteidigen. Oder die europäische Kulturgeschichte gegen nordamerikanische Fast-Food-Ketten. Nicht ausgeschlossen, dass es hier zu Allianzen kommen könnte.

Die Linke muss sich von solchen Verbindungen klar abgrenzen. Sollte dies nicht gelingen, ist nicht mehr die Globalisierung das wichtigste Problem. Sondern ihre Gegner.