Wahlerfolg für Vlaams Blok

Modell Haider

»Eerste Belgen terug uit Oostenrijk« betitelte die antifaschistische Zeitschrift Verzet Anfang des Jahres eine Karikatur, die Skitouristen mit zum Hitlergruß geschienten und gegipsten Arm zeigte. Hätte sich die Wählerschaft des völkischen Vlaams Blok (VB) auf zurückkehrende Touristen aus dem Haiderreich beschränkt, wären die belgischen Kommunalwahlen vergangene Woche anders verlaufen. Wahlsieger in Flandern wäre der VB dann nicht geworden.

Anders als in der Wallonie, wo die zersplitterte Rechte weniger spektakulär abschnitt, konnte der VB deutlich zulegen. In Antwerpen steigerte sich der VB unter seinem Vorsitzenden Filip Dewinter von 28 auf 33 Prozent. Zum Vergleich: Sozialisten wie Liberale lagen jeweils unter 20 Prozent. In Mechelen erreichte der VB 25,6 Prozent, in Gent fast 20. Bei den Wahlen im Juni 1999 zog der VB mit knapp zehn Prozent der Stimmen ins belgische Parlament ein.

Der VB kopiert das Erfolgsmodell Haider. So versprach Dewinter in Antwerpen eine Prämie für Mütter nach Kärntener Vorbild. Auch in der anpassungsbereiten Rhetorik hat er von Haider gelernt. Die Ansprache der Wählerinnen und Wähler war populistisch gehalten. Die auf Ausschluss alles Fremden zielende Parole »Das eigene Volk zuerst« wurde ins Lokale übersetzt. Ein Wahlkampfblatt hieß »Antwerpen eerst«, die Titelseite versprach: »Endlich eine Zeitung, die sagt, was Sie denken!« Thematisch standen neben sozialen Fragen Recht, Ordnung und Sauberkeit im Vordergrund.

Doch wie bei der FPÖ scheint zwischen der modernen Masche und auf die Sorgen der »anständigen Leute« zielenden Forderungen das Uralte auf. Der VB entstand 1978 als Abspaltung von der betulicheren Volksunie. Zum Führer auf Lebenszeit wurde Karl Dillen gewählt, der im Juni 1996 zurücktrat. Dillen berichtete 1992 dem Nazi-Blatt Nation & Europa »mit einem gewissen Stolz«, dass seine »ersten Worte im belgischen Parlament Rudolf Hess galten«. Das verweist auf die traditionell engen Bindungen der flämischen zur deutschen Rechten; sie reichen bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs zurück.

Fest verwurzelt in faschistischer Tradition ist auch Dillens Nachfolger Frank Vanhecke. Er macht aus seiner Bewunderung für das faschistische kroatische Regime des Ante Pavelic keinen Hehl. Und Dewinter stellte nach einem Besuch bei der faschistischen HOS-Miliz eine »weitgehende Übereinstimmung« fest.

»Wir müssen uns organisieren wie in Jugoslawien, wo die Menschen es für notwendig hielten, ethnische Staaten zu bilden«, zitiert Michel Collon in seinem Buch »Poker Menteur« Dewinter. Solche Töne wurden im Wahlkampf zwar selten geäußert, doch dass der VB die Abspaltung Flanderns aus dem 1830 gegründeten Königreich zum Ziel hat, ist offenkundig. Hier zieht die Ethnisierung der ökonomischen Disparitäten zwischen dem prosperierenden Flandern und der von Subventionen abhängigen Wallonie.

Das politische Establishment reagierte auf den Aufstieg des VB sehr gespalten. EU-konformer und mit einigen Integrationsangeboten geschminkter institutioneller Rassismus wurde ergänzt um die Proklamation eines cordon sanitaire. Dieser, vor der Kommunalwahl feierlich erneuert, soll den VB im politischen System isolieren.

Ob er nach dem Wahlerfolg des VB auf Dauer hält, ist europaweit von Bedeutung. Das gilt vor allem für die weitere Akzeptanz der FPÖ als Regierungspartei. Von den deutschen Rechten, die auf eine Übertragung des Wahlerfolges des Vlaams Blok hoffen, ganz zu schweigen.