Waffenembargo gegen die Taliban

Vereinte Sanktionen

Seltene Einigkeit: Russland und die USA legten am 7. Dezember dem UN-Sicherheitsrat eine gemeinsame Resolution vor, die das Regime der Taliban zur Schließung aller Ausbildungslager für international operierende Islamisten und zur Auslieferung Ussama Bin Ladens auffordert. Die Resolution, deren Verabschiedung als sicher gilt, sieht verschärfte Sanktionen vor, wenn die Taliban diese Forderungen nicht binnen 30 Tagen erfüllen. Unter anderem werden alle Staaten aufgefordert, die Auslandsvertretungen der Taliban zu schließen, ihnen keine Waffen mehr zu liefern und sämtliche Militär- und Sicherheitsberater aus Afghanistan abzuziehen. Die Wirksamkeit der Sanktionspolitik ist jedoch fraglich.

Der wichtigste Bündnispartner der Taliban ist Pakistan, dessen UN-Botschafter Shamshad Ahmad bereits erklärt hat, sein Land lehne neue Sanktionen ab. Statt der Isolierung der Taliban empfahl er ein »konstruktives Engagement, sodass ihre Politik beeinflusst und gemäßigt werden kann«. Zwar können die USA finanziellen Druck auf Pakistan ausüben, da im kommenden Jahr Auslandsschulden in Höhe von 4,5 Milliarden Dollar fällig werden. Eine Beendigung der Unterstützung für die Taliban würde den Abschluss eines weiteren Umschuldungsabkommens mit dem IWF sicher erleichtern. Andererseits aber drängt nicht allein die einflussreiche islamistische Bewegung auf eine Fortsetzung des »konstruktiven Engagements«. Die Taliban sollen den Weg für eine Pipeline freischießen, die in Pakistan enden und es der Oligarchie ermöglichen würde, von der Erschließung der Öl- und Erdgasvorräte Zentralasiens zu profitieren.

Militärisch haben die Taliban weiter an Boden gewonnen, mittlerweile kontrollieren sie etwa 95 Prozent des afghanischen Territoriums. Wegen einer katastrophalen Dürre herrscht jedoch eine Hungersnot, deren Folgen durch den Terror der Taliban und die anhaltenden Kämpfe noch verschärft werden. Im Norden leistet die von Ahmad Schah Massud geführte bewaffnete Opposition weiter hartnäckigen Widerstand. Sie wird vom Waffenembargo ausgenommen - eine Politik, die nach Ansicht Abdul Hakeem Mujahids, des UN-Repräsentanten der Taliban, keineswegs im Interesse des Westens ist: »Iran und Russland werden am meisten von den Sanktionen profitieren.«

Beide Staaten unterstützen Massud, weil der Bürgerkrieg ihre jeweilige Position bei der Konkurrenz um die lukrativen Pipelinerouten verbessert. Islamistische Aktivitäten in Zentralasien sind für Russland zudem ein willkommener Vorwand, um zögerlichen Staatschefs die Zustimmung zur Stationierung von Truppen abzuringen. Kirgisien musste im August auf russische Militärhilfe zurückgreifen, um eine islamistische Guerillabewegung niederzukämpfen. Auch die Stationierung russischer Truppen in Tadschikistan war die Folge eines islamistischen Aufstandes. Usbekistan, Kasachstan und Turkmenistan dagegen stehen dem von Russland dominierten Militärpakt der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten bislang noch distanziert gegenüber.

Da die USA ebenfalls nach einer Militärpräsenz in Zentralasien streben, dürfte die Einigkeit mit Russland nur von kurzer Dauer sein. Sollten die Taliban sich dazu durchringen können, ihren Terror auf Afghanistan zu beschränken, wäre eine Versöhnung mit den USA nicht ausgeschlossen. Ihr Vize-Informationsminister Abdur Rahman Hotak erklärte jedoch in Kabul: »Dem Druck nachzugeben, ist gegen unsere nationale und religiöse Würde.« Dass die Bewerbung um eine von US-Konzernen finanzierte Pipeline und die Beherbergung anti-amerikanischer Islamisten schlecht miteinander harmonieren, scheinen die Taliban nicht einsehen zu wollen.