Tritt die Schill-Partei zur Bundestagswahl an?

Partei mit Ambitionen

Trotz der Kanzlerkandidatur Edmund Stoibers überlegt die Schill-Partei, ob sie bei der Bundestagswahl antreten soll.

Hatte Ronald Schill in den vergangenen Wochen noch behauptet, dass seine Partei nicht bei der Bundestagswahl antreten werde, sollte Edmund Stoiber der Kanzlerkandidat der Union werden, verkündet er nun, Teile seiner Partei als auch der CSU drängten ihn zur Teilnahme an der Wahl. Endgültig entscheiden möchte man sich jedoch erst nach den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt am 21. April.

Kandidiert Angela Merkel, kandidiert auch Schill, hieß bisher die simple Botschaft, die schließlich mit dazu beitrug, dass Edmund Stoiber zum Kanzlerkandidaten der Union gekürt wurde. Denn mit der Schill-Partei als rechter Konkurrenz bei der Bundestagswahl wären die Chancen der Union auf einen Wahlsieg gesunken.

»Meine Neigung anzutreten, ist sehr gering«, erklärte Schill nun, nachdem Stoiber zum Kandidaten der Union gekürt worden war, »aber ich habe das nicht alleine zu entscheiden.« Schließlich hätte die Partei »gegen Stoiber weniger Argumente«, räumte Schill gegenüber der Tageszeitung Die Welt ein. »Vor dem Hintergrund, dass Stoiber jetzt aber schon in der Zuwanderungsfrage Kompromissbereitschaft zeigt und sich immer mehr der Mitte annähert und (...) dass die Union lange verantwortlich war für die ungezügelte Zuwanderung«, könne seine Partei dennoch »sehr viel deutlicher Akzente« setzen. Außerdem müsste Stoiber »den einen oder anderen faulen Kompromiss abweichend von seiner bisherigen Haltung eingehen, um als Gesamtkanzler Akzeptanz zu finden«, weiß Schill.

Deutlicher erklärte der Schatzmeister der Partei, Norbert Frühauf, dass Stoiber »kein Selbstgänger für einen Wahlsieg« der Union sei. Vielmehr spreche viel dafür, dass nur gemeinsam - also zusammen mit der Schill-Partei - eine Ablösung von Rot-Grün gelinge. Schill warnte die CSU schon mal davor, eine Zusammenarbeit auszuschließen. »Eine brüske Ablehnung«, erklärte er, »würde eher eine Trotzreaktion in meiner Partei auslösen«.

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel lehnt eine Kooperation mit Schill dennoch kategorisch ab. Immer wieder betonte er: »Wir brauchen sie nicht«, um dann spöttisch zu fragen: »Will eine solche Regionalpartei wirklich in der Champions League antreten?«

Solche Äußerungen sollen aber vor allem darüber hinwegtäuschen, dass sich die Strategen der Union einige Sorgen machen. Getreu Stoibers Motto »Rechts von der CSU ist nur die Wand«, prophezeit Goppel: »Bei einem Kandidaten Stoiber schaffen die es nie in den Bundestag«. Wenn Schill aber bei der Bundestagswahl antreten würde und auch nur drei bis vier Prozent der Stimmen bekäme, könnten diese Stoiber für den Machtwechsel fehlen.

Die Chancen der Schill-Partei stehen wohl auch auf Bundesebene nicht allzu schlecht. Und das, obwohl sie in Hamburg, wo sie mit CDU und FDP regiert, kein besonders gutes Bild abgibt. Als neuer Hamburger Innensenator hatte Schill »nur mal die Idee«, die »Drogenszene in den Freihafen zu verdrängen«, worauf die Behörden den Amtsrichter erst einmal darüber aufklären mussten, dass der Freihafen den Zollbehörden gehört und nicht der Stadt Hamburg.

Selbst über die populistischen Wahlversprechen, 2 000 neue Polizisten einzustellen und die Zahl der Verbrechen zu halbieren, redet heute niemand mehr. Vielmehr ist die Personalpolitik des selbst ernannten Kämpfers gegen den Filz in der Politik und der Verwaltung Stadtgespräch. Als Büroleiter und Referenten wollte der Innensenator Bürgerschaftsabgeordnete berufen.

Der stellvertretende Parteivorsitzende und Bausenator Mario Mettbach stellte seine Lebensgefährtin als persönliche Referentin ein. Zudem gerät Mettbach wegen eines Artikels, den er für die Junge Freiheit (JF) verfasste, in Bedrängnis (Jungle World, 51/01). Noch im November des vergangenen Jahres hatte Mettbach gegenüber dem Hamburger Abendblatt bestritten, je für die JF geschrieben zu haben. Nun musste er es eingestehen. »Ich war damals innerlich überzeugt, nie was für die geschrieben zu haben«, rechtfertigte sich Mettbach plump. Das Hamburger Abendblatt, eine Zeitung des Springer-Verlags, skandalisiert den Fall seit der vergangenen Woche, die SPD forderte Mettbachs Rücktritt. Die Harburger Bezirksfraktion der Schill-Partei dagegen zierte sich, sich von einem ehemaligen Mitglied der Republikaner, Uwe Ellefsen, zu trennen.

Dennoch erhält die Schill-Partei weiterhin enormen Zuspruch und Zulauf. Vor allem enttäuschte CDUler und SPDler bemühten sich in den vergangenen Wochen um den Aufbau von Landesverbänden. In Sachsen-Anhalt hat die Partei nach eigenen Angaben bereits über 800 Mitglieder gewonnen, und nach unterschiedlichen Umfragen wollen zwischen vier und 20 Prozent der Befragten bei der Landtagswahl im April für die Partei stimmen. Mit dem Wechsel von Gudrun Schnirch von der CDU zur Schill-Partei hat sie bereits jetzt ihre erste Abgeordnete im Magdeburger Landtag.

In Schleswig-Holstein traten bisher 300 Personen der Partei bei. »60 Prozent kommen von der CDU«, behauptet der Landeskoordinator der Partei, Dieter Schreck, »20 aus der SPD«. Hier will man im Jahr 2003 an den Kommunalwahlen teilnehmen. In Sachsen hätte die Partei inzwischen rund 100 Mitglieder, 400 Menschen zeigten sich interessiert.

Über 500 Mitglieder soll die Partei in Niedersachsen bereits haben. Etwas geringer sei der Zulauf in Berlin, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. 70 Mitgliedsanträge liegen, den Organisatoren zufolge, in Berlin vor, 50 in Bremen und 30 in Schwerin. In Hessen traten 350 Personen in die Partei ein. Nur der so genannte Hessen-Beauftragte der Partei, Heiner Hofsommer, könnte dem Bundesvorstand missfallen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen den ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten und Schulleiter aus Hünfeld. Er war durch seine rassistischen Sprüche im Unterricht aufgefallen (Jungle World, 2/02).

Angesichts dieser Konkurrenz im rechten Parteienspektrum überlegt sich die DVU bereits, ob sie überhaupt bei der sachsen-anhaltinischen Landtagswahl antreten soll. »Es besteht die Gefahr, dass uns die Schill-Partei das Wasser abgräbt«, sagte DVU-Sprecher Bernd Dröse. Gut erkannt.