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I love democracy

Schweizer Kulturpolitik. Wer zahlt, bestimmt den Inhalt. Der Schweizer Ständerat stimmte am Dienstag vergangener Woche auf Antrag der Christlichen Volkspartei (CVP) einer Kürzung des Budgets der Kulturstiftung Pro Helvetia um eine Million Schweizerfranken zu. Anlass dieser Maßnahme ist eine, von der Stiftung finanzierte, umstrittene Ausstellung des Künstlers Thomas Hirschhorn. Viele Konservative sehen in der Ausstellung »Swiss-Swiss Democracy« (bis Ende Januar im Schweizer Kulturzentrum in Paris) eine Verhöhnung der Schweiz.

So ist auf der Einladungskarte zur Veranstaltung ein Bild aus dem irakischen Gefängnis Abu Ghraib zu sehen, darunter die Wappen der Schweiz und drei ihrer Kantone, unterschrieben mit: »I love democracy!«

In dem die Ausstellung begleitenden Theaterstück uriniert ein Darsteller wie ein Hund auf ein Abbild des rechtspopulistischen Bundesrats Christoph Blocher von der Schweizer Volkspartei (SVP), und eine Darstellerin übergibt sich in eine Wahlurne.

Den Politikern der CVP und SVP ist auch schon ganz schlecht. Sie finden, die Ausstellung verletze den Anstand, eine negative Darstellung der Schweiz im Ausland sollte nicht mit Steuergeldern unterstützt werden.

Mehrere Kulturschaffende und Verbände protestierten bereits gegen das Vorgehen der Kleinen Kammer des Schweizer Parlaments, da eine solche Entscheidung eine einschüchternde Wirkung auf zukünftige Projekte habe und die künstlerische Freiheit eingeschränkt werde. Der Nationalrat wird über das Budget abstimmen, und es ist wahrscheinlich, dass die Entscheidung des Ständerats bestätigt wird.

Inzwischen gibt es allerdings schon einen neuen Vorschlag der Konservativen. Sie bieten an, das Budget in der bisherigen Höhe zu erhalten, wenn dafür die sozialdemokratische Präsidentin von Pro Helvetia zurücktritt, so dass sie das Amt selbst besetzen können.

Bald wieder pleite

Frankfurter Rundschau. Zeitungen in Deutschland, die sich ausschließlich auf das Kerngeschäft beschränken, also auf den derzeit so beliebten Verkauf von Büchern, CDs und DVDs dummerweise verzichten, geht es im Allgemeinen nicht so gut. Der Frankfurter Rundschau geht es sogar richtig schlecht. Doch zum Glück gibt ja es die Medienholding DDVG unter den Fittichen der SPD. Denn diese ist vor kurzem bei der FR eingestiegen und unterstützt das Traditionsblatt finanziell.

Dass sich die SPD in unerhörter Weise bei der FR eingekauft habe, meinten dazu einige kritische Stimmen. Doch eventuell werden diese demnächst verstummen, da sich die DDVG wahrscheinlich wieder von der FR zurückziehen möchte. Rein und wieder raus, so kann das gehen. Einfach schon deswegen, weil die DDVG dieses Jahr ein dickes Plus einfahren konnte, was die marode FR, die sich wie ein Parasit von der DDVG ernährt, jedoch im nächsten schon wieder einschmelzen könnte. Da die FR wohl auch in naher Zukunft keine schwarzen Zahlen schreiben wird, will man sie nun eben lieber wieder loswerden. Was prinzipiell ja auch verständlich ist, wir leben schließlich in der Marktwirtschaft, und da macht jeder eben lieber ein Plus statt einem Minus.

Was jedoch wird dann die FR machen, wenn ihr die Finanzspritze von außerhalb fehlt? Vielleicht ja eine Rettungskampagne mit dem Titel »Erlesenes erhalten« starten.

Laaaangweilig

Turner-Preis. Und jährlich grüßt der Turner-Preis. Auch in diesem Jahr wurde er wieder verliehen, unser allerliebster Preis für moderne Kunst. Wie immer in der Tate-Britain Gallery in London. Doch, oh Schreck, was dieses Jahr prämiert wurde, sorgte nirgendwo auch nur für die kleinste Aufregung. Alle können sich angeblich auf den Gewinner einigen, auf Jeremy Deller, der einmal nicht mit der typischen Turner-Preis-Skandalnummer zu überzeugen wusste, sondern mit seiner, wie es die Turner-Preis-Jury formulierte, »Großzügigkeit des Geistes, mit dem er sich in einer Reihe von Projekten mit sozialen und kulturellen Kontexten auseinandersetzt und die Kreativität von Individuen feiert«.

Du meine Güte, wie klingt das denn? So etwas darf man doch eigentlich nicht über die Kunst eines Turner-Preis-Gewinners sagen! Außerdem soll Deller auch noch unglaublich nett und charmant und überhaupt ein Mensch mit vollendeten Umgangsformen sein. Ach, wie langweilig.

Sympathy for the devil

Amoklauf. Beim diesjährigen Turner-Preis war nicht mehr viel los, dafür krachte es beim Konzert der bei uns eher unbekannten Metalband Damageplan ungemein. Als diese gerade ein Konzert in Columbus, Ohio gab, begann plötzlich ein verwirrt wirkender Mann, wild um sich zu schießen. Dabei traf er neben einigen anderen Konzertbesuchern auch »Dimebag« Darrell Abbott, den ehemaligen Gitarristen von Pantera, der seinen Verletzungen erlag. Pantera waren in den Neunzigern eine der größten Metalbands und hatten eine treue Fanbasis, die nun Schwarz tragen dürfte.