Den Toten immer auf die Mütze

Zombiefilm-Satire

Wir sehen uniformierte, trübe dreinblickende Supermarktkassiererinnen, die identische Handbewegungen ausführen, und eine Schlange resignierter Leute vor dem Arbeitsamt. So schaut’s aus in der westlichen Welt, these are the days of the living dead. In einer Gesellschaft, in der man die Individualität der Menschen erfolgreich eliminiert hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie gleich zu Zombies mutieren oder nicht, lautet die Botschaft. Alle werden sowieso bald richtige Zombies werden.

Shaun jedoch, der als Verkäufer in einem Londoner Elektrofachgeschäft arbeitet, und sein antriebsschwacher Kumpel Ed wissen davon noch nichts. Sie führen ein Dasein zwischen Couch und Pub. Doch von einem Tag zum anderen ist alles anders. Eine rätselhafte Seuche hat dazu geführt, dass plötzlich haufenweise blutgierige Kreaturen umhertorkeln.

Dass aber die Lebendigen sich von den Toten nur graduell unterscheiden in einer britischen Großstadt, zeigt sich daran, dass Shaun nichts davon mitbekommt. Auf dem kurzen Weg zum Laden an der Straßenecke, den er schlaftrunken stets morgens zu Fuß absolviert und auf dem er die ihm begegnenden Passanten nie zur Kenntnis nimmt, bemerkt er zunächst nicht, dass sie sich über Nacht in Zombies verwandelt haben. Wie sollte er auch? Sie verhalten sich ja nicht anders als sonst: Sie schleichen wie immer grußlos wankend herum und haben ausdruckslose Gesichter. Nur sind sie eben jetzt tot und auf menschliche Innereien versessen. Shauns Auftrag ist jedenfalls bald klar. Er und Ed müssen sich mit Cricketschlägern bewaffnen, sich ein Herz fassen und den Zombies eins auf die Birne geben.

Die wenigen Überlebenden retten sich in eine Kneipe, die von den wortkargen, hungrigen Zombies umlagert wird. Queens »Don’t stop me now, ’cause I’m having such a good time« erklingt feierlich aus der Musikbox, während die unbeholfen einherwackelnden Eindringlinge zackzack mit vereinten Kräften erledigt werden. Der wackere Ed jedoch wird gebissen und muss im Pub zurückgelassen werden. »Mir macht es nichts aus, aufgegessen zu werden«, sagt er, überlegt dann ein Weilchen und besinnt sich schließlich: »Könnte ich nicht vielleicht doch erschossen werden?«

Ist der Film auch eine dürftige Komödie, so wird der Freund des Genres immerhin seine kleinen Freuden haben: Gedärme werden verspeist, Beine werden abgerissen, Zombiemädchen haben riesige kreisrunde Löcher im Körper und stapfen dennoch munter drauflos. Alles wie gehabt. Wer aber Peter Jacksons »Braindead« oder Sam Raimis Filme kennt, ist nicht nur ein höheres Tempo gewohnt, sondern auch eine härtere Gangart, was die Komik angeht.

Am Ende sitzen Shaun und seine Freundin Liz Sonntag nachmittags zufrieden vor dem Fernsehapparat in der heimischen Wohnung. Sie sind der Krise entronnen, und dennoch sind sie Untote, ohne es zu wissen: Kleinbürgerzombies.

In den Fernsehnachrichten heißt es über die wenigen tatsächlichen Zombies, die das Militär nach dem Großreinemachen übrig gelassen hat, dass »selbst diese Kreaturen, ihren Fähigkeiten entsprechend, eine der Gesellschaft nützliche Funktion haben und Leistung erbringen«. Die Nachrichtenbilder zeigen einige von ihnen, bewusstlos umhertapsend, wie sie vor einem Supermarkt Einkaufswagen ineinanderschieben. Selbst der Zombie kann für den Ein-Euro-Job noch gewinnbringend vernutzt werden. Ob nun toter Lebender oder lebender Toter: Der Kapitalismus integriert alle.

thomas blum

»Shaun of the Dead« (GB 2004). Regie: Edgar Wright. Start: 30. Dezember