Toleriert endlich!

Der letzte linke Student XXXIV

Der letzte linke Student übt sich in Toleranz. Toleranz, das ist: wenn man es gut meint mit den Mitmenschen. Und: wenn die Mitmenschen es dann auch mit einem gut meinen. Das ergibt dann unterm Strich: die offene Gesellschaft. Also das: wovon Adorno und Habermas immer geträumt haben.

Nämlich: der letzte linke Student hat sich in den letzten Tagen sehr intensiv mit der Religion auseinandergesetzt. Das erlaubt ihm die Freizeit. Und Freizeit hat er, wenn er bei der Mutter ist. Bei der Mutter wiederum: ist er immer rund um Weihnachten. Denn: solange er keine Weihnachtslieder singen muss, findet er das Christfest nicht so schlimm.

Nun ist der letzte linke Student allerdings ein Linker. Heißt: er erhebt seinen Geist über sich selbst hinaus und abstrahiert. Abstrahiert meint der letzte linke Student: wenn er das Christfest nicht so schlimm findet, findet er auch den Ramadan nicht so schlimm. Und schon gleich gar nicht: den Dalai Lama. Weil: selbstredend ist die Religion ein Opium, doch wer raucht nicht gern mal ein Pfeifchen? Denkt der letzte linke Student: der allerdings Rotwein trinkt, wegen dem Stil.

Nun hat der letzte linke Student besonders viel in den linken Medien gelesen. Linke Medien sind: Broschüren, Zeitungen, Flugis und was man sonst noch braucht. Und: der letzte linke Student ist irritiert gewesen. Denn: der letzte linke Student hat – wieder mal! – sehen müssen, dass die Linke sich nicht immer kollegial streitet. Nein, die streitet sich verbissen. Denn: die Islamisten machen Terror. Nun sagt die eine Linke: das ist eine Reaktion auf den Imperialismus und die Unterdrückung. Und da sagt die andere Linke: das ist aber Terror. Daraufhin sagt die erste Linke: ihr seid aber rassistisch!

Nun weiß der letzte linke Student: der Terror kommt aus den Religionen. Und: die Religionen muss man respektieren. Sonst: gibt es keine Toleranz. Und ohne Toleranz: gibt es Krieg. Und wenn die Religion der Islam ist, dann muss man den Islam tolerieren. Der letzte linke Student etwa, der toleriert den Islam. Denn: er trägt einen Bart. Und: benimmt sich schamhaft. Das zeigt dem Islamisten: der letzte linke Student toleriert ihn. Ist denn der letzte linke Student schon mal angegriffen worden? Nein! Das beweist: Toleranz macht Terror weg. Würde der letzte linke Student, wenn sie schon zusammen wären, auch die neue schönste Studentin bitten, ein Kopftuch zu tragen, um tolerant zu sein? Wenn es ihr nichts ausmacht: ja! Denn schamhaft ist es allemal. Und: alles, was keine Scham kennt, ist Sexismus. Zudem: wenn man den Islamisten entgegenkommt, kann man sicher mit ihnen reden. Dann werden sie selbst: das Bedürfnis nach Sozialismus in sich entdecken. Der Sozialismus aber: braucht keine Toleranz mehr, er kennt nur Freiheit. Dann könnten alle Bart und Kopftuch tragen, wie sie wollen. »Man muss einander erst einmal entgegenkommen«, steht im besonderen Notizbuch, »dann ergibt sich der Rest wie von selbst.« Wie immer: ist das richtig. Und auch wir sollten uns schnell den Gegebenheiten anpassen, damit bald alles anders wird.

jörg sundermeier