»Patriot, fahr’ über Rot!«

Der kurze Aufstand der peruanischen Nationalisten vom Movimiento Etnocacerista ist Ausdruck einer ernsten Krise des Staates. von andrés pérez gonzález, santiago de chile

Die einzige Lösung ist es, die Farm zu zerstören und den Farmer zu töten, um aus diesem Schwein einen Bürger zu machen. Der Aufstand ist jetzt eine historische Notwendigkeit in diesem Land, bevor wir weitere 500 Jahre warten müssen. Nur mit einem Aufstand wird es gelingen, Peru aus einer Kolonie zu einer Nation zu machen.« Vier Tage nach dieser flammenden Rede, die Antauro Humala am 28. Dezember vor einem studentischen Publikum in Lima hielt, folgte die Tat: Ein von ihm angeführtes Kommando des Moviemento Etnocacerista stürmte eine Polizeiwache in der Kleinstadt Andahuaylas in der Andenregion Apurimac und nahm 19 Polizisten und Soldaten als Geiseln.

Der kurze Aufstand des Movimiento, einer militaristischen und nationalistischen Bewegung, die für einen von Indios geführten »Inka-Staat« kämpft, wurde schnell von der Regierung Alejandro Toledo erstickt, dessen Rücktritt die Geiselnehmer gefordert hatten. 163 Mitglieder der Gruppierung wurden festgenommen.

Der peruanischen Tageszeitung El Correo zufolge sagte Humala, ein früherer Major der peruanischen Armee, in der besagten studentischen Konferenz: »Die Gesetze zu befolgen, ist blödsinnig, wir befolgen die Gesetze für den Whisky Toledos, für das Kleid von Eliane Karp (Präsidentengattin, Anm.d.Red.). Deshalb, Patriot, fahr’ über Rot! Bald werden wir eine nationalistische Regierung haben, dann wird es als Landesverrat gelten, sich davor zu drücken, die Steuern zu zahlen oder bei Rot über die Ampel zu fahren.«

Der Movimiento Etnocacerista beruft sich auf den peruanischen General Andrés Avelino Cáceres, der im 19. Jahrhundert gegen die chilenischen Besatzer kämpfte. Die Rhetorik der Bewegung richtet sich gegen Chile und die USA, sie will korrupte Politiker erschießen und auf ethnischer Basis das Inka-Reich aus dem 15. Jahrhundert wieder errichten. Viele ihrer Mitglieder kämpften in den achtziger und neunziger Jahren gegen die maoistische Guerilla Leuchtender Pfad. Im November 2000 führte Antauro Humala zusammen mit seinem Bruder Ollanta einen Putschversuch gegen den damaligen autoritären Präsidenten Alberto Fujimori an.

Nach seiner Festnahme bestritt es Humala, für den Tod von vier Polizisten während der Aktion verantwortlich zu sein und beschuldigte seinen Stellvertreter Jorge Villalba. Offenbar hatte Humala damit gerechnet, dass sich Kräfte aus der Armee und der Polizei seinem Aufstand anschließen würden. Doch die große Rebellion blieb aus, Humala wurde bei Verhandlungen festgenommen, und am Dienstag vergangener Woche gaben die Geiselnehmer auf.

Der gescheiterte Aufstand deutet auf den institutionellen Verfall des peruanischen Staates hin und ist ein Ausdruck für die allgemeine Ablehnung Toledos. Und je näher die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen rücken, die für das Jahr 2006 angesetzt sind, umso öfter könnten sich Aufstände dieser Art wiederholen.

Das bestätigt der politische Kommentator Javier Valle gegenüber der chilenischen Zeitung El Mercurio: »Obwohl die Presse die Sache zu verurteilen scheint, gibt es in Wirklichkeit eine große Zustimmung für Leute wie Humala. Seine Bewegung mag eine kopflose sein. Aber die Geste hat der Nation gefallen, weil sie ihren Präsidenten Toledo leid ist. Er ist ein schlechter Regent, es gibt Arbeitslosigkeit, Hunger, niedrigste Löhne. Dieser Zustand bewirkt logischerweise, dass die Bewegung mit Sympathie betrachtet wird, denn die politische Kaste der großen Parteien denkt nur an die Wahlen im Jahr 2006. Es könnte weitere Versuche dieser Art in der Zukunft geben, die stärker sind und länger andauern.« Und der peruanische Soziologe Julio Cotler ergänzt: »Wenn es keine stabilen Institutionen gibt, erleidet die ganze Politik einen enormen Prestigeverlust. Dann wird ein Retter gesucht, und es finden sich immer Personen, die bereit sind, diese Rolle zu spielen.«