Ultrablöd

Fußball in Italien von federica matteoni

Es war eine schlimme Woche, in der sich die Welt über den Zustand des italienischen Fußballs Sorgen machte, aber am Ende rollte der Ball im Land des Weltmeisters wieder. Dass nicht in allen Stadien gespielt werden dürfe, dass über die Hälfte der Spiele vor leeren Rängen stattfinden solle, hatte die Regierung in der Woche davor beschlossen. Ein »starkes Zeichen« wollte sie setzen nach den Auseinandersetzungen zwischen Hooligans und der Polizei am Rande eines Erst­liga­­spiels in Catania, die Ende Januar mit einem toten Beamten endeten.

Meist diskutierten unzählige Journalisten, Politiker und Fußballsoziologen in den vergangenen Tagen darüber, wie heftig der Staat auf die Gewalt in den Fußballstadien reagieren dürfe. »Die Liga sofort und dauerhaft dicht machen!« forderte die zivilgesellschaftliche Fraktion. »Das britische Modell ist die Lösung«, schlugen die Pragmatiker vor. »Repression wird das Problem weiter verschärfen!« mahnten die Skeptiker.

Die von der Regierung in aller Eile beschlossenen Maßnahmen haben ein hohes und ehrenwertes Ziel: Gewalttätigen Hooligans soll der Zutritt zu den Spielen verwehrt werden, damit die Stadien zu »angenehmen« und sicheren Orten werden, wo Familien und »ganz normale Leute« Fußball genießen können. Ein guter Plan, hätte er einen Rollentausch zur Folge. Wenn nämlich der gute Signor Rossi sonntags seine gemütliche Wohnung verlassen würde, um ins Stadion zu gehen, während der 17jährige Durchschnitts­ultra sich die Spiele im Wohnzimmer seiner Mutter ansehen würde. Zum Randalieren stünde ihm der Garten zur Verfügung, das Transparent zur Beschimpfung der gegnerischen Mannschaft – Variationen von Wörtern wie: »Neger«, »Jude«, »Schwuchtel« – könnte er auf dem Balkon aufhängen. Der italienische Calcio wäre dann nicht mehr so hässlich. Die Ultras aus den Stadien auszusperren, bedeutet ja nicht automatisch, sie abzuschaffen.

Und ein bisschen merkwürdig kommt einem der Eifer nach den Ereignissen in Catania schon vor, da sie – wie in der Regel auch jede andere Schlacht zwischen Ultras und Polizei – nach dem Spiel, und zwar nicht in, sondern vor dem Stadion stattgefunden haben. Spiele zu verbieten und Stadien dicht zu machen, hat sich nicht als praktikable Lösung erwiesen. Für einen Spieltag wurde die Liga nach den Krawallen von Catania dicht gemacht, schon das reichte, um die Ita­liener in eine schwere kollektive Depression zu stürzen.

Besonders ärgerlich finden das Ganze die Ultras selbst. Diese »Kriminalisierungskampagne« sei für sie unerträglich, ist in diversen Internetforen zu lesen. Und nicht nur dort. Insbesondere linke Medien versuchen, bei diesem Thema zu »differenzieren«. Schade nur, dass das Niveau der Analyse dabei oft in den Keller sinkt. Sie informieren nämlich darüber, dass nicht alle Ultras gewalttätig seien. Und dass es sich bei denjenigen, die besonders krass sind, sowieso nur um Rechtsextreme handele. Die Kurven hätten sich in den vergangenen Jahren »faschisiert«, wird erklärt. Zwar geht man nicht so weit, die Existenz von linken Ultras zu postulieren, häufig werden jedoch pseudosoziologische Abhandlungen geliefert, die aus den Brutalo-Mackern, die die Kurven bevölkern, romantische proletarische Helden machen, nur weil sie die Polizei nicht mögen. Der gemeinsame Feind ist dann Grund genug, um sie in Schutz zu nehmen.