Your Right to Choose

Gewerkschaftsrechte in den USA von william hiscott

Die vergangenen zwölf Jahre, in denen der Kongress von den Republikanern dominiert wurde, waren keine gute Zeit für die Gewerkschaften in den USA. Sie verloren Millionen von Mitgliedern, ihr Einfluss in den Betrieben und der Politik des Landes ist stark gesunken, und es ist eine neue Generation von Arbeitern herangewachsen, von denen viele kaum noch wissen, was eine gewerkschaft­liche Interessen­vertretung ist.

Es gibt nicht nur einzelne Firmen, beispielsweise die Ramschladenkette Wal-Mart mit ihren 1,2 Millionen Beschäftigten, sondern sogar ganze Branchen wie die New Economy, in denen gewerkschaftliche Betätigung untersagt wird. Das erleichtert es den Unternehmen, die Löhne zu senken, die Beschäftigten zur Arbeit zu zwingen, wann und wie der Chef es befiehlt, und sie zum Verzicht auf die in den USA wichtigen benefits wie Krankenversicherung, Betriebsrente und bezahlten Urlaub zu bewegen.

Der Versuch, Gewerkschaftsgruppen zu gründen, hat Tausende Aktivisten den Job gekostet. Solche »diskriminierenden Entlassungen« sind zwar illegal, doch die Strafen sind gering, und es ist kaum möglich, eine Wiedereinstellung gerichtlich zu erzwingen. Die jüngst von den Demokraten im Repräsentantenhaus eingebrachte Gesetzesvorlage »Em­ployee Free Choice Act« (EFCA) soll das ändern. Vorgesehen ist es, die Bildung einer Gewerkschaftsvertretung auf Betriebsebene erheblich zu vereinfachen und illegale Entlassungen härter zu bestrafen. Eine Mehrheit von 230 Abgeordneten im Repräsentantenhaus unterstützt die Gesetzesvorlage, die Abstimmung ist für das Frühjahr geplant.

Derzeit ist die Gründung einer Gewerkschafts­gruppe gegen den Willen der Betriebsleitung kaum möglich. Um die Berechtigung ihres Interesses zu beweisen, müssen die Organisatoren von einer Mehrheit der Beschäftigten unterschriebene Autorisierungskarten abgeben. Darauf folgt eine gesetzlich festgeschriebene, betriebsinterne »Diskussionszeit«, bevor geheim abgestimmt wird. In dieser Zeit werden die Beschäftigten vom Management eingeschüchtert. Ist die Wirkung nicht auf Anhieb ausreichend, kann die Unternehmensleitung den Wahltermin verschieben und kurzfristig eine größere Anzahl gewerkschaftsfeind­licher Beschäftigter einstellen. Während der »Diskussionszeit« oder nach ihrer Abstimmungs­niederlage werden häufig die Aktivisten gefeuert, sofern sie dem Mobbing bis dahin stand­gehalten haben. Der EFCA verkürzt die Prozedur, in Zukunft soll die Abgabe der Autorisierungskarten genügen.

Die Befürworter der Gesetzesvorlage müssen noch die republikanische Sperrminorität im Senat brechen und die Unterschrift des Präsidenten ergattern, um das Gesetz verabschieden zu können. Sollte das gelingen, dürfte es zur Gründung Tausender neuer Gewerkschaftsvertretungen kommen. Davon würden auch die Demokraten profitieren. Die meisten Gewerkschaften unterstützen die Partei und erwarten, dass sie die gewachsene Macht der Unternehmer wieder einschränkt.

Nicht nur die Außenpolitik George W. Bushs ist unpopulär. In den USA, die in Deutschland häufig als Heimatland der Heuschrecken und als Land ohne soziale Opposition dargestellt werden, wächst die Kritik an den extremen Klassenunterschieden. Ändern wird sich jedoch wenig, solange der gewerkschaftliche Organisationsgrad im privaten Sektor auf dem derzeitigen Tiefstand unter zehn Prozent bleibt. Für die Gewerkschaftsbewegung ist die Gewinnung neuer Mitglieder das wichtigste Ziel, und in Zukunft könnte es leichter und weniger gefährlich sein, dort hinzugehen, wo noch nie zuvor ein Gewerkschafter gewesen ist.