Nachrichten

Süßer die Glocken nie klingen

G8-Protest. Mit »einfallsreichen Aktionen« und der »Vielfalt des Protestes« will die globalisierungskritische Bewegung nach eigenen Aussagen den G8-Gipfel in Heiligendamm stören. Nun könnte sie auch noch Hilfe von ganz oben bekommen.

Der Evangelische Entwicklungsdienst, die Organisation »Brot für die Welt« und die evangelisch-lutherische Landeskirche Mecklenburg-Vorpommern setzen sich dafür ein, dass zum Beginn des Gipfel­treffens am 6. Juni die Glocken aller evangelischen Kirchen im Bundesgebiet acht Minuten lang läuten.

Die mecklenburgische Landeskirche will zudem noch das Vorhaben »Heiliger Damm des Gebets« durchführen. Hierfür soll auf eine besondere kulturelle Errungenschaft der Deutschen zurückgegriffen werden: die Lichterkette! Während das Geläute aber jedem, der in der Nähe einer evangelischen Kirche wohnt, auf die Nerven gehen wird, wird man wenigstens vom Anblick der Lichterkette verschont bleiben, wenn man nicht in Mecklenburg-Vorpommern lebt. Die Gläubigen mit den Kerzen in den Händen werden nach den Plänen der Kirche nämlich nur den Tagungsort des Weltwirtschaftsgipfels umzingeln. (mst)

Gut geklaut

Filmpiraterie. Sie haben es wieder einmal verpasst, sich auf der Berlinale einen Film anzusehen? Und irgendwie fällt es Ihnen ohnehin schwer, sich abends nach der Arbeit aus der Wohnung auf das Fes­tival zu schleppen?

Das müssen Sie auch gar nicht. Die Internetseite »Copiepirate« bietet »Raubkopien« der besonderen Art. Die Regisseurin Irene Revolte hat einfach etliche Filme, die auf der Berlinale gelaufen sind, mit einer Super8-Kamera nachgedreht. In überaus trashigen Kurzversionen gibt es zum Beispiel »The Good Shepherd« von Robert De Niro und »Die Fälscher« von Stefan Ruzowitzky zu sehen.

Die Homepage ist genau so aufgemacht wie die des offiziellen Festivals. Das Logo, der unvermeidliche Wappenbär, das seit Jahren gleiche Weinrot im Hintergrund – die Macher von »Copiepirate« haben gründlich geklaut.

Und allein für die dadaistisch anmutende Beschreibung von »La Môme«, der Verfilmung des Lebens der Sängerin Edith Piaf, lohnt es sich, »Copiepirate« aufzusuchen: »Wenn die Würfel Marcel der Schrauben mit den Flugzeugen teilen, bricht er fast das Herz an Edith und hat seinen Schmerz mit dem Alkohol und den Suchtmitteln versucht.« (mst)

Pack bleibt Pack

Urteil in Österreich. Manchmal lässt das erste Mal lange auf sich warten. Der österreichische Satiriker Werner Schneyder stand nach 40 Berufsjahren zum ersten Mal vor Gericht, wurde jedoch freigesprochen.

Verklagt hatte ihn der Parteivorsitzende des rechtsextremen Bünd­nisses Zukunft Österreich (BZÖ), Peter Westenthaler. Schneyder hatte vor den Nationalratswahlen 2006 in einer Tageszeitung seine Meinung bekundet: »Ich will nur dieses blau-orange Pack nicht!« Westenthaler hatte daraufhin eine Klage wegen Beleidigung und übler Nachrede eingereicht.

Das Gericht kam in der vorvergangenen Woche zu dem Schluss, dass Schneyders Aussage zwar »drastisch formuliert und abwertend« gewesen sei. Doch Politiker müssten sich eine derartige Kritik gefallen lassen. Außerdem sei speziell Westenthaler dafür bekannt, auch nicht mit »g’schmackigen Äußerungen und Sagern« zu sparen. (mst)

The Great Pop Swindle

Musikfilm. Filmbiografien, die die Karriere von Musikern oder Bands zum Gegenstand hatten, gab es in den vergangenen Jahren häufiger. Erst kürzlich konnte Beyonce Knowles in »Dreamgirls« als Diana Ross nicht so recht überzeugen.

Der Filmproduzent Jeff Nathanson hat sich nun ein ganz besonderes Musikduo ausgesucht. »Sie haben 30 Millionen Singles und elf Millionen Alben verkauft und wurden dann zum größten Gespött der Popwelt«, sagte Nathanson in der vergangenen Woche in der US-amerikanischen Zeitung Daily Variety. Er sei von Milli Vanilli fasziniert. Sie hätten den »ultimativen Betrug« begangen.

Das Duo war mit Songs wie »Girl, you know it’s true!« berühmt geworden. 1990 war ihm der Grammy als bester Newcomer verliehen worden. Die Auszeichnung mussten die beiden Mitglieder Fa­brice Morvan und Rob Pilatus wieder zurückgeben, nachdem bekannt geworden war, dass sie lediglich ihre Lippen zum Gesang anderer Leute bewegt hatten. Morvan soll die Dreharbeiten begleiten. Pilatus starb 1998 an einer Überdosis Drogen.

Glamour, Betrug, Tod – die Geschichte bietet sicher genug Material für einen Film. Und dass die Popindustrie sogar ihre eigenen Lügen wiederverwertet, dürfte allein schon interessant genug wer­den. (mst)

Der Staat hackt mit

Online-Durchsuchungen. Die Polizei will bekanntlich nur das Beste. Doch daran, Recht und Ordnung durchzusetzen, wird sie auch immer wieder vom Datenschutz, der Privatsphäre und anderen bürgerrecht­lichen Kleinigkeiten gehindert.

Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, bedauerte es in der vergangenen Woche auf dem europäischen Polizeikongress in Berlin jedenfalls sehr, dass seinen Beamten die Möglichkeit der Online-Durchsuchung noch nicht offen steht. Bislang können die Fahnder die Festplatten von Verdächtigen nur bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmen. Die Daten seien im Offline-Zustand jedoch meist verschlüsselt, sagte Ziercke. Online seien sie dagegen ohne weiteres zugänglich. Deshalb hält er es für unerlässlich, die Online-Durchsuchung gesetzlich zu gestatten.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) warnte jedoch in einer Rede auf dem Kongress vor »staatlichen Hackern«. Ohne eine grundsätzliche Diskussion im Parlament könne man die Befugnisse der Fahnder nicht erweitern, sagte Zypries weiter. Nach einer solchen Debatte darf man sich dann aber durchaus Sorgen um die Vertraulichkeit der eigenen Daten machen. (mst)