Die Kampagne gegen Linksextremismus in Schulen

Im Dschungel des Extremismus

Das von der Bundesregierung finanzierte Magazin »Demokratie stärken – Links­extremismus verhindern« sagt mehr über seine Urheber und Auftraggeber aus als über die darin behandelten Gruppen.

Die public-private partnership ist für beide Seiten eine nützliche Sache. Für den Unternehmer entfällt das lästige Risiko, auf einem unverkäuflichen Produkt sitzen zu bleiben, denn die Abnahme übernimmt der Staat. Für dessen Repräsentanten entfällt das lästige Risiko, für Patzer und Peinlichkeiten verantwortlich gemacht zu werden, denn man kann die Schuld dem Unternehmer zuschieben. So erschöpfen sich viele Antworten des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf die beiden Kleinen Anfragen von Abgeordneten der SPD und der Linkspartei zu dem als Material für den Schulunterricht erstellten Magazin »Demokratie stärken – Linksextremismus verhindern« in Versionen der Floskel, der Inhalt sei »Sache der Zuwendungsempfängerin und wird von der Bundesregierung nicht bewertet«. Verantwortlich für den Inhalt des Magazins ist Bernd Woischnik, geschäftsführender Gesellschafter des Zeitbild-Verlages. Er war ehrlich genug, der FAZ zu gestehen: »In unserem Geschäft Geld zu verlieren, ist wirklich schwierig.«
Woischnik ist Gründer der Zeitbild-Stiftung, die das Magazin herausgibt. In deren Beirat sitzen ausschließlich Repräsentanten von Unternehmerinteressen. »Diskutiert in der Gruppe, ob es gerecht ist, dass ein Zehntel der Bevölkerung über 50 Prozent des Steueraufkommens leistet«, lautet daher eine der Aufgaben. Da müsste man erwarten, dass Helmut Kohl als Kryptokommunist entlarvt wird, schließlich galt in seiner Amtszeit noch der weit höhere Spitzensteuersatz von 53 Prozent. Doch man bleibt bei den üblichen Verdächtigen.
Zu denen gehört auch die Jungle World, und zwar nach Auskunft des Ministeriums, weil »regelmäßig unter anderem Fragestellungen des linksex­tremistischen antideutschen Spektrums aufgegriffen« werden und sich »Hinweise auf Veranstaltungen aus dem linksextremistischen Spektrum« finden. Die »Antideutschen« werden in der Rubrik »Gegenwart – Linksextremismus in Deutschland« als erste Gruppierung noch vor der »militanten gruppe« aufgeführt. Warum die als »Ausgangspunkt der antideutschen Ideologie« bezeichnete »uneingeschränkte Solidarität mit dem jüdischen Volk und dem Staat Israel« eine Einstufung als linksextremistisch rechtfertigt, hat die Bundes­regierung nicht erläutert. Die Antwort findet sich vermutlich in der Gedankenwelt des »Extremismusexperten« Eckhard Jesse, der für die »wissenschaftliche Beratung« zuständig war. Im von ihm mit herausgegebenen Buch »Die Schatten der Vergangenheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus« schreibt er: »Jüdische Organisationen brauchen Antisemitismus in einer gewissen Größenordnung, um für ihre Anliegen Gehör zu finden und ihre – legitimen – Interessen besser zur Geltung zu bringen.« Wer ein so wichtiges patriotisches Anliegen hat, dem kann schon mal entgehen, dass viele »Antideutsche« sich mittlerweile kaum noch mit Deutschland befassen und spätestens seit der Wandlung der Bahamas-Autoren zu »Ideologiekritikern« unklar ist, wer oder was eigentlich »antideutsch« ist. Die Shoah haben sich die Patrioten verziehen, nicht verzeihen können sie, wenn jemand gegen Deutschland ist, war oder sein könnte.