Platte Buch

Stranger than Rock

Dead Rider aus Chicago sind so etwas wie die Nachfolgeband der legendären U.S. Maple und damit prädestiniert, auf alles zu pfeifen, was in Sachen Rock als normal gilt. Die Demonstra­tion, wie Synthesizer und Rock unpeinlich zusammengehen, ist hier bloß die Voraussetzung, um gleich auch zu zeigen, dass vertrackte Songstrukturen, zerhackte Rhythmen und seltsame Harmonien oft die besten Stücke ergeben. Sämtliche Rock-Klischees werden auseinandergenommen und ohne Bauplan im Halbdunkel wieder schief zusammengesetzt. Und jedes Mal, wenn ein Lied dann doch in einen Ohrwurm-Refrain oder epischen Schluss taumelt, sind immer noch mindestens ein oder zwei Elemente dabei, die für kräftiges Knirschen sorgen. Selbst die etwas breitbeinig geratenen Teile mit Metalriffs oder allzu fetten Synthesizern werden dadurch aufgefangen, ohne dass die Band sich in ironische Distanz flüchten müsste. Dafür sorgt auch Todd Rittmans Gesang, der das seltsame Kunststück vollbringt, zugleich sexy und unheimlich, manisch und dabei völlig cool zu klingen.
Auf ihrem dritten Album haben Dead Rider ihren Stil perfektioniert. »Chills on Glass« ist weniger zerfahren als die Vorgängerplatten – »Mother of Curses« aus dem Jahr 2009 und »The Raw Dents« von 2011 –, eingängiger, funky und dabei nicht weniger komplex. Auch wenn das Album im Dezember 2014 auf kaum einer dieser Listen auftauchen wird: Das ist eine der Platten des Jahres.

Dead Rider: Chills on Glass (Drag City)