Der analoge Mann

Hans-Jürgen und das Bett

Seite 3 – Ein neues Kleid
Kolumne Von

»Penis-Leading«, sagt meine Freundin lakonisch. Aylin brüllt vor Lachen. Manuela kommt in die Küche und führt ihr neues Kleid vor. »Ich bin ja zum ersten Mal in Herräng. Ist das was für heute Abend oder für die große Abschlussveranstaltung am Freitag?« »Steht dir sehr gut«, sage ich. Manuela ist noch nicht überzeugt: »Oder ist das zu bunt?« »Nö. Ist doch sehr elegant und hat einen schönen Ausschnitt. Was hast du denn noch zur Auswahl?«, frage ich. Ein paar Minuten später führt sie ein weiteres Kleid vor. »Ich würde sagen, das ist was für heute Abend«, meint Jenny. »Das neue Kleid ist schicker.«

Bild:
Andreas Michalke

Manuela will es genau wissen: »Aber ist das nicht irgendwie vintagemäßiger als das neue?« »Ist doch egal«, sage ich. Hans-Jürgen hat die ganze Zeit wortlos zugehört. Weil er nicht in das Gespräch reinkommt, versucht er mich in ein Zweiergespräch unter Männern zu ziehen. »Andi, du wolltest dir doch ein neues Laptop kaufen. Also ich hab ja...« »Lass mal später darüber reden«, antworte ich und signalisiere, dass ich dem Gespräch der Frauen folgen will. »Welches Kleid ist denn bequemer?« frage ich.

In Hans-Jürgens Blick sehe ich Enttäuschung. Nicht darüber, dass ich nicht mit ihm spreche, vielmehr über meine mühelose Angepasstheit, die ihm nicht gelingt. Seine behäbige Männlichkeit strengt mich dagegen an. Er steht auf und schmiert sich ein Knäckebrot. Übersprungshandlung. Es gibt ja offensichtlich gleich Essen. Er muss jetzt ein Käsebrot essen, weil er unfähig ist, sich an dem Gespräch der Frauen zu beteiligen. Typisch Mann, denke ich. Wenn es nicht um Technik oder Fußball geht, ist er raus.