Fragen, die so keiner bestellt hat

"Der Gang zur Urne verheißt nichts Gutes." So würde ich mal die Demokratie in der Bundesrepublik in knappen Worten umreißen. Dieses Jahr habe ich also nicht gewählt - man steht derzeit vor so vielen Fragen und Entscheidungen: Wann steht man am besten auf, kommt der Transrapid, was macht man nächstes Jahr, gegen was soll man sich zuerst versichern, was vom Teller ißt man zuletzt, lohnt der Weg nach Karlsruhe, hat Martin Walser noch alle Fakten im Schrank, was soll man sich merken, geht man zu Gudrun oder doch zu Jens?

Überhaupt: Wie lange geht das noch gut, wo ist die Zeit geblieben, das ganze Geld, der Ruck durch die Republik? Gehören meine Gene mir, ist das mit mir noch okay, wann kommt der Euro, kommt er zu weich, kommt Dieter noch und die Steuerreform, auf die alle so lange gewartet haben, und der Film, der längst überfällig war, die neue Ära, die man so nicht erwartet hätte, ist das hier die neue Mitte? Ist hier noch frei?

Auch wichtig: Was ist der Stand der Dinge, kippt das Klima, haben wir Berti auf dem Gewissen, die Rente am Ende nur auf dem Dach, dafür das Ausland vor der Tür? Sieht man sich beim Zuprosten in die Augen, soll man mal ein paar Seiten überspringen, lieber mal auf Nummer Sicher gehen und die ICE-Fahrt erst bei der Ankunft bezahlen, die kleinen Dinge genießen oder geht einem da zuviel durch die Lappen, ist Rudolf Scharping nicht bedauernswert, hat Rudolf Scharping Aktien, fährt Rudolf Scharping Bahn, was wird das Mahnmal bringen, wer hilft der Regierung beim Umzug? Wann, wenn nicht jetzt, wo, wenn nicht hier?

Und so weiter und so weiter. Immer nur Fragen und Entscheidungen, die alles nur noch viel komplizierter machen. Und doch gibt es jede Menge Generalantworten und Allgemeinratschläge, hier eine kleine Auswahl: Der Systemtheoretiker: Das Ungewisse liegt in der Natur der Sache. Anders wäre das auch nicht vorstellbar. Der Langweiler: Wer die Wahl ... Der Vogel Pech: Wie man es macht, macht man es falsch. Die meisten: Man kann machen, was man will, es ändert ja sowieso nichts. Am Ende zahlen wir die Zeche. Der Tod: Nur eine Frage der Zeit. Hollywood: Eine Frage der Größe. Der Wirtschaftswissenschaftler: Langfristig sind wir tot. Die Wehrbeauftragte: 15 oder zehn oder Knast, noch länger - sie haben die Wahl. Der Präsident: I never had ... Der Vermieter: Wie sieht das denn hier aus! Der Verantwortliche: Ähh, ich komm' gleich wieder. Der Vollzugsbeamte: Ich mach hier nur meinen Job. Aber bitte: Sie können sich ja gern beschweren. Die schlechte Band: Wenn's Dir nicht gefällt ... kannst ja gehen. Der Schiedsrichter: Wer ist denn hier der Schiedsrichter? Die Verkäuferin: He, he, junger Mann, so geht das aber nicht. Die Polizei: Erstmal weisen wir uns dann bitte aus. Die Schule: Wie willst Du denn im Leben klarkommen, wenn Du hier so auf destruktiv machst? Der Abschieber: Nicht schnacken, Kopf in Nacken! Die Steuerfahndung: Tja, so ist das. Die Freunde: Mußt Du wissen, aber ich würde Dir raten ... Der Arzt und die Frau im Arbeitsamt, die Türfrau, die Traumfrau, der Traummann: Nein, tut mir leid. Johannes B. Kerner: Das finde ich allerdings super. Die Verwandtschaft: Wir haben Dir immer gesagt ... Der Psychologe: So, so, aha. Na ja. Die letzte Hoffnung: Damit will ich nichts zu tun haben.