Die FPÖ liegt in Umfragen vorn

Kanzler Haider

Für das Wiener Nachrichtenmagazin profil ist eigentlich schon alles klar. Am Montag dieser Woche titelte das linksliberale Österreich-Pendant zum deutschen Spiegel schon vorsichtshalber: "Wer geht, wer bleibt." Auf sieben Seiten erfährt der Leser, welche Spitzenposten in der österreichischen Bürokratie und der Medienwelt wohl an Vertreter von Jörg Haiders Freiheitlichen gehen würden und wer seinen von der derzeitigen rot-schwarzen Koalition in Wien ergatterten Job in der verstaatlichten Industrie, den Ministerien, dem ORF und anderen Schlüssel-Institutionen würde behalten dürfen.

Knappe zwei Wochen vor den österreichischen Nationalratswahlen verfällt das seit knapp 30 Jahren unter sozialdemokratischer Führung stehende Land in die Aufgeregtheit des baldigen Machtwechsels. Die Umfragen nämlich sagen nichts Gutes für Sozialdemokraten und deren Koalitionspartner, die Österreichische Volkspartei, voraus: Die Konservativen wurden von der FPÖ inzwischen auf Platz drei verwiesen, der Abstand zwischen Sozialdemokraten und Freiheitlichen beträgt nur noch fünf Prozent.

Viele haben sich schon damit abgefunden: In den Medien wird Jörg Haiders künftige Kanzlerschaft schon als feststehend angenommen, Interviews mit dem Oppositionsführer beschäftigen sich eigentlich nur mit den Erwartungen an einen Bundeskanzler Haider. Der Mann hat sein Paria-Dasein überwunden. Ein doppelter Glücksfall für ihn: Neben der offensichtlichen Aufwertung als Regierungschef erfährt Haider auch die Gnade, seinen rechten Radikalismus nicht ablegen zu müssen.

Die FPÖ plakatiert: "Wir garantieren: Stopp der Überfremdung". Haider verspricht einen Zuwanderungsstopp. Noch vor einem Jahr hätte der tiefblaue Polit-Macho mit derartigen Injurien österreichweit Empörung ausgelöst. Doch durch die staatsmännische Pose gehören die platten Sprüche plötzlich zum Repertoire österreichischer Politvisionen. So einfach ist das.

Haiders Höhenflug ist nicht bloß deshalb dramatisch, weil er seinem Ziel, endlich Bundeskanzler zu werden, nahe ist wie nie zuvor. Erstaunlich ist die Popularitätskurve auch, weil er bis vor wenigen Monaten einfach abgeschrieben war. Seine Funktionäre verstrickten sich in Skandale, andere verweigerten ihm den Gehorsam, von einer Spaltung der FPÖ war die Rede oder gar von einer Zwangspensionierung des einstigen Shooting-Stars Haider. Doch die Säuberungsaktionen Haiders und seine ständige Rücktrittsdrohung haben den wilden Haufen seiner Getreuen gezähmt. Auch die Skandale sind längst vergessen: Haider wählte die Kohl-Strategie des Aussitzens und tat so, als wären die Gesetzesbrecher aus den eigenen Reihen nur zufällig oder gar irrtümlich in seiner FPÖ. Schließlich konnte der Mann auch hier den Bonus als Landeshauptmann in Kärnten nützen: Einen Regierungschef pöbelt man weniger an als einen Oppositionellen, der selbst immer wieder an die Korruption der Regierenden in Wien erinnert.

Einer seiner wohl besten Schachzüge war die Nominierung des Industriellen Thomas Prinzhorn als Spitzenkandidat. Prinzhorn vereinnahmt die Wirtschaftstreibenden des Landes für sich, weil er selbst ein wirtschaftlich durchaus erfolgreicher Papierindustrieller ist. Prinzhorn hält sich mit ausländerfeindlichen Parolen zurück und mimt den Nachdenklichen. Die Arbeitsteilung mit Thomas Prinzhorn ist perfekt: Der blaue Jörg sorgt für die charismatische Verklärung der FPÖ, Prinzhorn wird als Pate der Zukunft installiert. Einfach sympathisch.

Der Konkurrenz dagegen ist es nicht gelungen, in den Wochen vor dem Wahlkampf die noch immer vorhandene Angst eines Großteils der Österreicher vor einer blauen Regierungsbeteiligung zu schüren. Was 1995 geklappt hat, klappt 1999 nimmermehr.

Inzwischen muß der Wahlclown Richard Lugner mit seiner DU-Partei so etwas besorgen: Bei der Gründungsversammlung seiner Partei meinte er: "Mir ist eine verschlafene große Koalition lieber als ein Diktator Haider." Möglicherweise ist er inzwischen in der Minderheit.