Lackmustest fürs Kosovo

Der Druck auf Jugoslawien nimmt von allen Seiten zu: Während der deutsche Außenminister Joseph Fischer zusammen mit seinen Amtskollegen aus den USA, Großbritannien, Frankreich und Italien in der vergangenen Woche ankündigte, die serbische Opposition gegen Milosevic "massiv unterstützen" zu wollen, begannen in den USA Diskussionen über eine mögliche Sezession des Kosovo von Jugoslawien. Die Tageszeitung Washington Post berichtete in ihrer Ausgabe vom letzten Donnerstag von der Möglichkeit eines Kurswechsels im Pentagon. Führende Vertreter der US-Regierung seien insgeheim davon überzeugt, daß das Kosovo unaufhaltsam auf seine Unabhängigkeit zusteuere. Der Sprecher des State Department, James Rubin, dementierte umgehend: "Wir haben immer gesagt, daß wir die Unabhängigkeit für das Kosovo nicht unterstützen, und wir unterstützen die Unabhängigkeit für das Kosovo auch jetzt nicht." Aber trotz des Dementis, so die Washington Post weiter, hätten Politiker des Außen- und Verteidigungsministeriums ihren Widerstand gegen diese Entwicklung längst aufgegeben, da sie ohnehin unvermeidbar sei.

Die tägliche Internetausgabe des Time Magazine, Time Daily, deutete den Bericht aus Washington als "Testballon". Die Washington Post und die New York Times würden von offiziellen Stellen der Regierung häufig für einen "Lackmustest" genutzt.