Aktionen der Anti-Antifa

Jäger und Sammler

Die Aufschrift der Transparente, die am 13. April eine Autobahnbrücke bei Tornesch in Schleswig-Holstein zierten, war eindeutig: »Uwe Zabel - Kopfgeld: 10 000 Mark - tot oder lebendig!« und »Elmshorner macht euch frei von der Judentyrannei«.

Gemeint ist der Vorsitzende der Elmshorner IG Metall, Uwe Zabel, der auch im Bündnis gegen Neonazis aktiv ist, das seit Monaten versucht, die in der schleswig-holsteinischen Stadt aktiven Freien Kameradschaften aus dem Umfeld des Hamburger Sturms zurückzudrängen. Resultat der Öffentlichkeitskampagne gegen die Neonazis: Farbbeutelanschläge gegen IG-Metall-Büros in Elmshorn und Pinneberg sowie zahlreiche Drohbriefe.

Doch nicht nur im Norden hetzen Neonazis gegen Gewerkschafter. Auf den Internetseiten der Freien Kameradschaft Gera, die ebenfalls eng mit dem Hamburger Sturm zusammenarbeitet, findet sich der Steckbrief eines DGB-Jugendvorsitzenden aus Thüringen samt Foto.

Auffällig ist die zunehmende Nutzung des Internet für die Verbreitung so genannter Anti-Antifa-Listen durch diverse Neonazigruppen, die alle zum Netz der Freien Kameradschaften zählen. So sammelt die verbotene Kameradschaft Oberhavel nach Angaben des Antifaschistischen Infoblatts (AIB) auf ihrer »Nationalen Seite Oberhavel« Namen und Adressen von nicht-rechten Jugendlichen aus dem gesamten Bundesgebiet und veröffentlicht sie unter der Rubrik »Schwarze Liste«.

Vorbild hierfür ist ebenfalls der Hamburger Sturm, dem die Veröffentlichung einer Liste von Gewerkschaftern und anderen Mitgliedern diverser Bündnisse gegen Rechts aus Hamburg, Hannover und Braunschweig im Internet zugeordnet wird. In seiner 50. Ausgabe enthüllte das AIB, dass deutsche Neonazis nach Absprache mit Gesinnungsgenossen aus dem Ausland ihre Anti-Antifa-Aktivitäten ausweiten wollen. So habe im November vergangenen Jahres in einer norwegischen Kleinstadt bei Oslo ein Treffen zwischen norwegischen, schwedischen, englischen und deutschen Neonazis aus dem Umfeld von Thorsten Heise stattgefunden, bei dem es um die Planung für Anti-Antifa-Aktionen in Deutschland gegangen sei.

Wie weitreichend die Sammelwut der Neonazis ist, macht eine Datei von über 300 Fotos deutlich, die im Oktober 1999 bei einer Razzia gegen Neonazis in Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt gefunden wurde. Die Fotos, die überwiegend am Rand der NPD-Aufmärsche in Magdeburg im vergangenen Jahr entstanden waren, zeigen Abgeordnete, Gewerkschafter, Journalisten und AntifaschistInnen.

Unter den Betroffenen, die momentan Hausbesuche von Beamten des BKA und des LKA erhalten, macht sich Verunsicherung breit. »Die Polizei zeigt vor allem Interesse, die Namen weiterer Antifaschisten auszuforschen. Gleichzeitig weigern sich die Sicherheitsbehörden, eine Einschätzung zum Bedrohungspotenzial abzugeben«, kritisierte ein Betroffener.