»Leben und Lieben in L.A.«

Verpaart

Gillian Anderson ist sympathisch. Tiefschürfendes murmelnd, elegant in Schwarz, Blau- und Grautöne gewandet, buddelt sie sich gemeinsam mit Fox Mulder durch die außerirdisch-abstruse Serienrealität von »Akte X»: unser skrupulöses U-Boot im fiesen FBI, die Agentin mit Herz, Hirn und Skalpell - aber unbemannt, denn selbst in der etwas langatmigen Filmfassung musste, in dem Moment, als Special Agent und Special Agentin sich näher kamen, schnell noch die Erde vor der alles zerstörenden Verschwörung gerettet werden.

In Willard Carrolls »Leben und Lieben in L.A.« sind die elf Personen - macht fünf Paare: wie originell - nur damit beschäftigt, Beziehungen zu retten. Anderson spielt hier die Theaterregisseurin Meredith und hat Schwierigkeiten mit der Paarung. Mal wird sie beinahe von einem Bücherregal erschlagen, als sie zu flirten versucht, ein anderes Mal wirft sie ihr Date (mit Trent, gespielt von Jon Stewart) gleich nach der Begrüßung achtkantig wieder raus. Anderson ist in der Rolle der Meredith eine seltsam konventionelle Erscheinung, und es gelingt ihr nicht so recht, dem Schlagschatten ihrer TV-Rolle zu entkommen, sie ist eher die Karikatur einer bindungsscheuen Emanzipierten als der hundeliebenden, schrulligen Single, wie sie wohl im Drehbuch stand.

Der Film ist mit seinem Staraufgebot eindeutig überfordert. Neben Madeleine Stowe als erotischem Luder mit Tiefgang, Ellen Burstyn als beichtender Mutter am Krankenhausbett ihres sterbenden Sohnes, Dennis Quaid als männlicher Bar-Schlampe, die jeden und jede mit einer anderen frei erfundenen Lebensgeschichte nervt, kommt Sean Connery am blässlichsten rüber. Connery ist der gepflegt alternde Ehemann namens Paul, der ausgerechnet nach vierzig Jahren Ehe seiner hinreißenden Gattin Hannah (Gena Rowlands) einen quasi historischen Seitensprung gestehen muss. Die lahme Auflösung aller Irrungen der passageren Paare gegen Ende ist absehbar und birgt ebenso wie die Parallel-Storys wenig Überraschendes.

Gena Rowlands ist der Lichtblick in diesem gut gemeinten Ensemble-Streifen im Episoden-Format. Selbst wenn Rowlands eine Fernsehköchin, schnaubende Zicke und All-American-Glucke spielt, ist ihre Darstellung fein zwischen tierischem Ernst und Selbstironie austariert. Was immer diese frühe Lady des amerikanischen Indie-Films spielt, man nimmt es ihr ab.

Dem Handlungs-Rhythmus von Beziehungs-Seifenkisten wie »Melrose Place« kommt die wahnsinnig verzwickte Paarung Nummer fünf am nächsten: Superweib Angelina Jolie als Club-Cat Joan trifft auf den verschlossenen Knaben Keenan (Ryan Phillippe), und der junge Held schafft es am Ende, dass die Braut nicht nur die Cocktails, sondern gleich noch die Zigaretten aufgibt. Arme Tabakindustrie, glückliches Amerika!

Angeblich soll der Film in Los Angeles spielen. Bis auf einige nächtliche Stadtansichten spielt er wohl eher im geistigen Nirvana einer Handvoll unispirierter Charaktere, die so tun, als wären sie die Ersten, die in der modernen Unübersichtlickeit plötzlich den Kleister der versöhn-lichen family values und die Aufhebung störender Widersprüche entdecken. Regisseur Carroll sagt, er habe einen Film drehen wollen, der zeigt, »wie man die Liebe auf unterschiedlichste Weise entdecken kann«. Beim Happy End ist allerdings der einzige Schwule (Jay Mohr als Mark) schon nicht mehr an Bord. Der hat Aids und wird bald sterben. Ach so.

»Leben und Lieben in L.A.«, USA 2000. R: Willard Carroll. Start: 29. Juni