Kanzler-Aspirant Koch

Einer fürs deutsche Gemüt

Fein ist das nicht. Aber sollte Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung nicht noch ein riesiges Sahnehäubchen versteckt haben, dann wird uns Roland Koch noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Denn einen Besseren als ihren Hessenchef hätte die Christenunion gar nicht finden können. Roland Koch - was sind gegen ihn schon Leute mit Namen wie Angela Merkel oder Friedrich Merz? Nichts als Loser.

Wenn ein mittelmäßiger Schauspieler wie Gerhard Schröder marktradikale Politik besser in Szene setzen kann als seriöse Unionspolitiker, sieht es um farblose Figuren extrem schlecht aus. Denn das wissen alle: Ob Rentenreform, Haushaltskürzungen oder Deregulierung des Arbeitsmarktes, nichts hätte die alte Bonner Kohl-Riege effektiver umsetzen können als die Berliner Rotgrünen. Spätestens der Kniefall einiger CDU-regierter Länder bei Hans Eichels Steuerreform bestätigte den Eindruck, den die Partei derzeit bei ihrer Anhängerschaft hinterlässt: »Kein Mumm in den Knochen, diese Memmen!«

Nicht der Inhalt, die Inszenierung zählt. Und da brauchen die Wähler und Wählerinnen der Union einen Anderen. Einen, der ihnen ebenbürtig ist. Einen, der schnell »Brutalstmögliches« verspricht, ob nun Aufklärung oder sonstwas. Eben einen wie Koch: autoritär strukturiert, ignorant, selbstherrlich, verlogen, überzeugt vom deutschen Wesen und entsprechend rassistisch orientiert. Nicht Merkel und schon gar nicht Merz haben das Maul aufgemacht, als das Gemecker von Sozis und Grünen über ein paar deutsch denkende Jugendliche losging, die etwas über die Stränge schlagen. Da musste der Mann aus dem Hessischen 'ran.

Und während seine Parteifreunde über die Peinlichkeiten schweigen, die mit der Spendenaffäre bekannt werden, macht Koch, worauf sich Deutsche am besten verstehen: Er inszeniert sich als unschuldig verfolgtes Opfer einer Verschwörung. Für Leute wie Michel Friedmann, die wissen, dass es »irgendwo doch auch Täter geben muss«, hat er nur Verachtung übrig. Auch dürfte Koch nicht schaden, dass ihm im Gegensatz zu seinem Ziehvater Manfred Kanther das nötige körperliche Outfit fehlt, um Assoziationen an alte Zeiten zu wecken. Er ist eben »einer von uns«. Der hat sich hochgedient, vom Gründer der Jungen Union, Ortsgruppe Eschborn, zum hessischen Ministerpräsidenten.

Und nun? Eines ist klar: Nur Edmund Stoiber könnte Koch Konkurrenz machen, wenn es gilt, den nächsten Kanzlerkandidaten der Konservativen zu bestimmen. Der bayerische Ministerpräsident wird es allerdings derzeit vorziehen, in München zu bleiben. Gegen Schröder, das weiß Landeschef Stoiber, stehen die Chancen derzeit außerhalb Bayerns schlecht.

Also wird Koch sein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Der Abgang seines engsten Vertrauten, des Staatskanzleichefs Franz Josef Jung, in der letzten Woche spricht für seine Entschlossenheit auf dem Weg zur Macht. Da kann der CDU-Mann von Schröder oder Joseph Fischer lernen: Wer im richtigen Moment seine Freunde verheizen kann, der hat Aussicht auf Erfolg.

Nein, daran werden aufgeregte Rechtsstaatverteidiger ebensowenig ändern wie ein Misstrauensvotum im hessischen Parlament: Kochs Karriere geht so schnell nicht zu Ende. Dazu spricht er viel zu vielen Deutschen aus dem Gemüt.