Guido Westerwelle bei »Big Brother«

Big Ashram

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Als die erste »Big Brother«-Staffel ihr Zuschauertief hatte, schickte RTL II die Trash-Kultfigur Verona Feldbusch in den Container. Die Feldbusch gilt als dumm und sexy und macht mit diesem Image das große Geld. Die Verona der zweiten Staffel heißt Guido Westerwelle. Er gilt als klug und unsexy, sahnt damit aber auch nicht schlecht ab. Letzten Samstag war er für ein knappes Stündchen zu Gast in Deutschlands berühmtester Zweck-WG.

Die Bewohner nahmen ihn freudig auf, vor allem weil er einen Korb Alkohol mitbrachte. Guido - man einigte sich schnell auf das Du - wollte angeblich über Politik reden, doch die Containermannschaft interessierte sich vor allem für Schumachers Weltmeistertitel. Das mit den Synagogen und der Gewalt, Guido deutete es kurz an, ging so ziemlich unter. Ehrliches Interesse an Guido zeigte eigentlich nur der Österreicher »Prinz Valium« Walter, der weder von Westerwelle noch von der FDP jemals gehört hatte. Guido erklärte es ihm gern. Auch »Zicke« Stefanie fand den Politiker ganz süß - dann musste sie allerdings gehen. Sie verlor gegen »Ekel« Christian, der Westerwelles Abgang mit der trockenen Bemerkung quittierte: »Der säuft uns sonst alles weg.«

Auch in der ersten Staffel hatte RTL schon einem FDP-Politiker eine Werbeplattform geboten. Jürgen Möllemann ließ man zwar nicht in den Container, lud ihn aber immerhin ins »Big Brother«-Studio ein. Hat RTL besondere Sympathien für die FDP? Oder wird die sie deshalb von dem Sender gehypt, weil Liberale als so mittig gelten, dass sie politisch für alle kompatibel sind?

Die Show letzten Samstag offenbarte die wirklichen Beweggründe. Spätestens als Nina Hagen neben Guido - auch Moderator Oliver Geißen beschloss spontan, den Generalsekretär zu duzen - Platz nahm. Nina hatte eine Videokassette mitgebracht, auf der eine »Doku« über Ufo-Landungen zu sehen sei. Jetzt endlich stimmte alles in der »Big Brother«-Trash-Show: Oliver Geißen, Nina Hagen, Guido Westerwelle, und schließlich auch noch der Ex-»BB«-Bewohner Jürgen. Fehlten nur noch Roberto Blanko, Dolly Buster oder der Pipi-Prinz, auch Gotthilf Fischer und der Dalai Lama hätten prima in diese Reihe gepasst.

Wer dachte, Trash als Kunstform sei out, wurde eines Besseren belehrt. Und die Möllemann-Westerwelle-FDP gehört genauso dazu wie »Gute Zeiten, schlechte Zeiten« oder der Maschendrahtzaun. Da die Linke am Pop gescheitert ist, gehen jetzt die Popliberalen in die Offensive. Bei der nächsten Loveparade wird man Guido wiedersehen, Arm in Arm mit Dr. Motte. Irgendwie geht es doch beiden um die Freiheit.

Aber passt ausgerechnet die Überwachungsshow »Big Brother« zum freiheitlichen Image der Liberalen? Ja. Denn im Bundestagsplenum sei es genauso, erklärte Guido den »BB«-Bewohnern. Da werde man auch ständig von Kameras beobachtet. Auch Nina konnte mit einem Vergleich auftrumpfen. Das Ganze sei wie im Ashram, wo auch alle auf engstem Raume zusammenleben würden. Der »Big Brother«-Container, der Bundestag, der Ashram. Wer die Welt bisher nicht verstand, hat seit Samstag den Durchblick. Die FDP-Kampage gegen eine Ufo-Flugbenzinsteuer lässt bestimmt nicht lange auf sich warten.