Minigolf erfreut sich in Deutschland wachsender Beliebtheit

Schwarz, Rot, Golf

Abseits der großen medialen Aufmerksamkeit feiert ein Nischensport ein kleines Comeback: Seit der Covid-19-Pandemie begeistern sich die Deutschen wieder für Minigolf. Das mag auch daran liegen, dass der Sport für Einsteiger geeignet und außerdem etwas fürs kleine Portemonnaie ist.

»Dieses Jahr könnte das Jahr des Minigolf werden«, schreibt der RBB in seinem »Minigolf-Check« für Berlin. Ob ein Ansturm der »Modefans« den eingeschworenen Minigolfer:innen ge­fallen dürfte, ist allerdings fraglich. Es scheint, als suche man bei dieser Freizeitbeschäftigung noch die einfache, unaufgeregte Welt.

Auf das Vorhaben, der Leserschaft der Jungle World die Vorzüge des Minigolfs näherzubringen, reagieren einige Beteiligte einer kleinen Hobbygruppe daher auch nicht mit Begeisterung. »Da hat man dann demnächst die ganzen Jungle World-Hipsterlinken auf der Minigolfanlage seines Vertrauens. Nicht mal dort hat man seine Ruhe«, schreibt ein Mitglied. Es wird vorgeschlagen, den Fokus auf das bei einigen Gruppenmitgliedern weniger beliebte Schwarzlicht-Minigolf zu legen, damit es nach der Veröffentlichung nicht zu einem Ansturm auf die Berliner Minigolfanlagen im Freien kommt.

Die Gruppe besteht seit fast zwei Jahren. Sie entstand als Chat-Gruppe mit dem Ziel, sich zum Minigolfspielen zu verabreden. Mit der Zeit ist darüber ­hinaus eine beachtliche Sammlung von Fotos von Minigolfbahnen nicht nur in Deutschland, sondern ganz Europa entstanden: Frankreich, Tschechien, ­Litauen, Italien.

Die Minigolfanlage »Hertzberg Golf« war Drehort der Daily Soap »Berlin – Tag & Nacht«, mitsamt Striptease-Minigolf-Szene und anschließender Flucht der Serien­charaktere.

Diese Fotos zeigen in den meisten Fällen das am weitesten verbreitete Minigolfsystem: das Miniaturgolf. Es umfasst 28 genormte Hindernisbahnen, unter ihnen der Blitz, der Vulkan und das Salto. Fast alle sind 6,25 Meter lang und 0,90 Meter breit und verfügen über einen Zielkreis mit 1,40 Metern Durchmesser. Für eine Anlage werden 18 davon in eine beliebige Reihenfolge gebracht, dann kann gespielt werden. Der erste genormte »Minigolfplatz« wurde 1953 in der Nähe des Lago Maggiore in der Schweizer Stadt Locarno errichtet. Der Deutsche Minigolfsport-Verband (DMV) sieht darin den »Beginn einer Erfolgsgeschichte«.

Minigolf ist ein unkomplizierter Sport. Dennoch sind ein paar wesentliche Dinge zu beachten. In den Inter­nationalen Wettkampfregeln heißt es: »Minigolf wird mit Ball und Schläger auf einer Minigolfanlage gespielt. Zweck dieses Spieles ist es, den Ball mit möglichst wenigen Schlägen vom Abschlag ins Ziel zu bringen.« Wenn das Ziel nach sechs Schlägen nicht erreicht wurde, wird ein Zusatzpunkt angerechnet, die Höchstpunktzahl an einer Bahn ist also sieben. Gewonnen hat die Person, die am Ende die wenigsten Punkte hat.

Mehr als 8.000 Mitglieder in über 200 Vereinen

Der DMV gründete sich im Jahr 1966, damals noch als Deutscher Bahnengolf-Verband. Die Umbenennung zur umgangssprachlich üblichen Bezeichnung erfolgte Anfang der nuller Jahre. Heute zählt der Verband mehr als 8.000 Mitglieder in über 200 Vereinen. Professionell gespielt wird in einem ­Ligenystem, inklusive einer 1. Bundesliga. An der Endrunde der Deutschen Meisterschaften nehmen jeweils die drei besten Teams der Bundesligastaffeln Nord und Süd teil. Die Nationalmannschaft Deutschlands ist die weltweit erfolgreichste. Ist Deutschland also eine Minigolfnation?

Insbesondere nach der Covid-19-Pandemie sei das Interesse am Minigolf »deutlich angestiegen«, sagt Achim Braungart Zink, Sportdirektor des DMV der Jungle World. Das habe sich auch in den Vereinen widergespiegelt: »Die Mitgliederzahlen, die seit ­einigen Jahren rückläufig waren, haben sich stabilisiert.« Und auch abseits des professionellen Spielens ist die Lust am Minigolfen groß. Der DMV bezeichnet es als »eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten in Deutschland«. Nach Angaben des Verbands werden jährlich ungefähr 20 Millionen Eintrittskarten auf circa 2.500 Minigolf­anlagen in Deutschland verkauft. Allein in Berlin gibt es mehr als 20 Anlagen.

Eine davon liegt an der Sonnenallee in Neukölln. Dort betreibt Frank Terhorst seit zehn Jahren die Anlage »Hertzberg Golf«. Treuen Fans der Fernsehserie »Berlin – Tag & Nacht« ist das Gelände möglicherweise bekannt. Vor einiger Zeit diente es als Drehort für die Daily Soap, mitsamt Striptease-Minigolf-­Szene und anschließender Flucht der Seriencharaktere. In der Annahme, es habe sich um einen realen Vorgang gehandelt, wendeten sich in den Tagen nach der Veröffentlichung zahlreiche Menschen an Terhorsts Team, um Hinweise bezüglich der Fluchtwegs der fiktiven Einbrecher:innen zu geben, erzählt er im Gespräch mit der Jungle World.

Medial findet der Sport nur wenig Beachtung. Immer wieder mal schaffe es Minigolf vor allem regional in die Presse. In der Berichterstattung stehe man hinter den größeren Sportarten zurück.

Die Anlage blickt also auf eine ereignisreiche Geschichte zurück. An­woh­ner:innen zufolge sei sie am 1. Mai 1960 gegründet worden, so Terhorst. Die Hochphase in den siebziger und achtziger Jahren habe er selbst zwar nicht miterlebt, doch sieht auch der Anlagenbetreiber seit einigen Jahren ein »kleines Revival« des Minigolfs. »Hertzberg Golf« lebe vor allem von seiner Stamm­kundschaft; man versuche, dieser eine gute Mischung aus Gastronomie und Spiel zu bieten. Offenbar mit Erfolg. In den vergangenen Jahren habe es verschiedene Hochzeiten auf der Anlage gegeben, erzählt Terhorst.

Medial findet der Sport allerdings nur wenig Beachtung. Immer wieder mal schaffe es Minigolf vor allem regional in die Presse. In der Berichterstattung stehe man hinter den größeren Sportarten zurück, so Braungart Zink. Bei verschiedenen Fernsehformaten wie »Schlag den Star« sei der Sport allerdings immer wieder gut angekommen. Braungart Zink weist darauf hin, dass Livestreams wie zum Beispiel über den Online-Sender Sportdeutschland.TV zunehmend auch eine Eigenvermarktung ermög­lichen. »Da Minigolf ein Sport für jedermann ist und man auch in höherem Alter noch sehr gut anfangen kann, bedienen wir eine breite Zielgruppe«, sagt der Sportdirektor des DMV. Daher wünsche man sich manchmal durchaus mehr mediale Aufmerksamkeit.

Sitzgelegenheiten, Getränke, Kuchen und kein Zwang zum perfekten Spiel

Auch Mitglieder der erwähnten Chat-Gruppe heben die Zugänglichkeit des Spiels hervor. Ein Freund des Autors berichtet, im vergangenen Jahr habe seine Oma spontan bei einer Runde mitgespielt und sei begeistert gewesen: Sitzgelegenheiten, Getränke, Kuchen und kein Zwang zum perfekten Spiel. Auch für Büroausflüge sei das Spiel ­geeignet. Ein anderer weist darauf hin, dass das Spiel nicht solche Verbindlichkeiten schaffe wie andere Sportarten. Minigolf eigne sich besonders gut für Wochenenden. Man komme zusammen und gehe auch wieder aus­einander.

Zu erwähnen ist auch der Preis. Trotz multipler Krisen bleibt dieser auf den meisten Anlagen stabil: Vielerorts zahlt man für ein Spiel um die fünf Euro und es ist nicht erforderlich, spezielle Ausrüstung anzuschaffen. Minigolf ist daher im Vergleich zu anderen Freizeit­aktivitäten preiswert.

Doch gänzlich von Kommerziali­sierung verschont bleibt auch Minigolf nicht. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich vermehrt von den klassischen Anlagen abweichende For­mate herausgebildet. Das wohl bekannteste Beispiel ist das bereits erwähnte Schwarz­licht-Minigolf, eine Indoor-Variante des Sports, bei der die Bahnen mit fluoreszierender Farbe bemalt sind und mit UV-Licht beleuchtet werden. Durch das Tragen von 3D-Brillen erscheinen die Malereien zudem dreidimensional. In Konkurrenz dazu sieht sich Frank Terhorst mit seinem »Hertzberg Golf« allerdings nicht. Das liege vor allem am Event-Charakter solcher Angebote. Anders als seine ­eigene Anlage würden entsprechende Angebote weniger von einer festen Stammkundschaft bespielt.