Tory-Parteitag in Bournemouth

Konservative Kiffer

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Tory-Chef William Hague hat es schwer. »Wir sind bereit zu regieren!« versicherte er zwölf Mal während seiner Rede vor der Parteikonferenz Anfang Oktober in Bournemouth: Doch nur zwei Tage später erklärten sieben Mitglieder seines Schattenkabinetts, dass sie viel zu benebelt seien, um ihrem Chef zu folgen. Die Dissidenten bekannten, in ihrer Studienzeit Cannabis geraucht zu haben. Damit demonstrierten sie Distanz zur Schatteninnenministerin Ann Widdecombe, Rechtsaußen der Tory-Mannschaft und Liebling der Parteibasis. Sie hatte ein Null-Toleranz-Konzept gegen weiche Drogen gefordert und damit sogar die Polizeiführung gegen sich aufgebracht. Sollte ihr Konzept je umgesetzt werden, wäre wohl die Hälfte der Kinder aller Tory-Minister in Gefahr, im Knast zu landen.

Doch die Konservativen wissen, dass sie vorschlagen können, was ihnen gerade in den Sinn kommt: Die Unterhaus-Wahlen nächstes Jahr werden sie verlieren. Den Tories mangelt es nicht nur an einem Konzept, das eine Alternative zu Anthony Blairs Modernisierungsprogramm darstellen könnte. Die kurzzeitige Einigkeit, die sie auf ihrem Parteitag demonstrierten, beschränkte sich auf die Ablehnung der EU-Instutionen. Die Anti-Euro-Parolen sind aber einfach altmodisch im Vergleich zu Labours »Cool Britannia«-Rhetorik.

Dabei hatte es vorm Parteitag gar nicht so schlecht ausgesehen. Blair war angeschlagen, nachdem im Sommer mehrere peinliche interne Strategiepapiere an die Öffentlichkeit gekommen waren. Die Benzinpreis-Proteste und Hagues Versprechen, die Mineralölsteuer um zehn Pfennig zu senken, sorgten nach acht Jahren zum ersten Mal für eine konservative Führung in den Meinungsumfragen. Da konnte er sogar auf rassistische Ausfälle gegen Asylbewerber verzichten, die er noch im Frühjahr allesamt internieren wollte.

Doch diese Führung war schnell wieder verloren. Der Tory-Chef ist ein Apparatschik, der jedes Thema aufgreift, das einen kurzfristigen Aufschwung in den Umfragen verspricht. Da alle erwarten, dass Hague nächstes Jahr verlieren wird, war das eigentliche Thema des Parteitags, wer die Tories in die Wahlen 2005 führen wird. Gute Chancen hatte bislang die wegen ihrer Cannabis-Initiative nun in die Defensive geratene Ann Widdecombe. Ihre Hauptaussage war: »Ich weiß nicht, was dass bedeuten soll: soziale Toleranz.«

Auf der liberalen Seite steht der Schattenfinanzminister Michael Portillo. Früher selbst als Rechtsaußen-Macho bekannt, gibt er sich nun als moderner »Konservativer mit Herz«. In seiner von politischen Inhalten weitgehend freien Rede nahm er die Delegierten mit auf eine Reise in die emotionalen Untiefen seiner Seele. Er erzählte von seinem spanischen Vater, der während des Bürgerkrieges vor den Faschisten nach England flüchtete und sprach sich für die Öffnung der Partei gegenüber sexuellen Minderheiten aus.

Hague versuchte, sich auf keiner der Seiten zu positionieren, sondern für alles einzustehen. Doch nun muss er sich entscheiden, ob er die sieben Haschbrüder oder die basisnahe Widdecombe aus seiner Mannschaft entfernt. Vorläufiger Sieger ist Portillo. Der verweigerte zu eventuellen Marihuana-Erfahrungen die Aussage: Ein Image als schwuler, drogensüchtiger Asylantensohn wäre keine gute Grundlage für einen zukünftigen Tory-Parteichef.