Kommunalwahlen in Südafrika

Mbeki macht Minus

Bei den Kommunalwahlen in Südafrika hat der ANC mit der Demokratischen Allianz einen neuen Rivalen bekommen, der auf die alten Apartheidsspezialisten setzt.

Keine weiße Partei kann dieses Land regieren. Auch wenn sie sich hinter ein paar schwarzen Strohmännern verstecken, sie (die Weißen) bleiben die Bosse. Sie bleiben eine weiße Partei.« Sogar Nelson Mandela, graue Eminenz des regierenden African National Congress (ANC), spielte die Karte der Polarisierung zwischen Schwarzen und Weißen aus - im Wahlkampf zu den südafrikanischen Kommunalwahlen am Dienstag vergangener Woche. Mandela, dessen wichtigste Prämisse bislang die Versöhnung zwischen den Bevölkerungsgruppen gewesen war, zeigte dadurch, wie sehr der ANC durch die oppositionelle Demokratische Allianz (DA) in Bedrängnis gebracht worden war.

Die rechtsliberale DA war im Sommer durch den Zusammenschluss aus der wirtschaftsliberalen Demokratischen Partei (DP) und der Neuen Nationalen Partei (NNP), die im Apartheidstaat an der Regierung gewesen war, entstanden. Tony Leon, Vorsitzender der DP und nun auch Chef der DA, marginalisierte zwar die chauvinistischen Mitglieder der NNP, doch der DA-Wahlkampfslogan »Fight Back« erinnerte an Apartheidszeiten und die damalige rassistische Paranoia der herrschenden weißen Minderheit. Der ANC konterte mit einem »Don't Fight Blacks«-Plakat.

Leon hat sich vorgenommen, neben der traditionellen Wählerschaft aus der weißen und der asiatisch-indischen Minderheit auf längere Sicht auch vom ANC enttäuschte schwarze Wähler an sich zu binden. Um die beabsichtigte »Allianz der Ausgeschlossenen« zusammenzubringen, stellte die DA zu den Kommunalwahlen eine Mehrheit von schwarzen Kandidaten auf - die »Strohmänner«, auf die Mandela sich bezogen hat. Nach der Wahl gratulierte sich Leon selbst: »Mich freut es, dass an dieser Wahl ablesbar ist, dass die DA wirkliche Fortschritte bei der Etablierung in der schwarzen Wählerschaft machen konnte.«

Zwar blieb der Stimmenanteil der DA in den schwarzen Townships unter sieben Prozent. Doch noch bei den nationalen Wahlen vor 18 Monaten war der Stimmenanteil von NNP und DP dort nicht einmal messbar gewesen. »Der ANC hat das alleinige Eigentumsrecht am Konzept der Veränderungen verloren«, zitierte der Daily Mail & Guardian DA-Offizielle. Entsprechend harsch war die Reaktion des ANC. Parteichef Thabo Mbeki etwa sprach von einer »unheiligen Allianz« gegen seine Partei.

Dass die DA ihren landesweiten Stimmenanteil trotzdem gegenüber den Ergebnissen von DP und NNP bei der Wahl 1999 von 17 auf 23 Prozent steigern konnte, ist vor allem auf die Apathie der bisherigen ANC-Anhänger zurückzuführen. Insgesamt gingen nur 48 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen. Überproportional hoch war der Anteil der weißen Wähler, die bisher eigentlich - angesichts der großen schwarzen Wählerschaft - als marginale Wählergruppe galten. Doch gerade in den urbanen Gegenden war die DA-Mobilisierung erfolgreich: Dort konnte die Allianz fast ein Drittel der Stimmen gewinnen. Am wichtigsten war für die DA die Verteidigung der Mehrheit in Kapstadt, eine von sechs neu formierten »Mega-Cities«, die zum Teil über ein größeres Budget verfügen als die Provinzregierungen.

Mazibuko Jara, der Sprecher der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP), die mit dem ANC verbündet ist, konstatierte angesichts der 59 Prozent Pro-ANC-Stimmen: »Mit diesem erneuerten Mandat fordert unser Volk von ANC-geführten Lokalregierungen ein vertieftes Engagement bei den Veränderungen zugunsten der Massen der arbeitenden Bevölkerung und der Armen.« Die Konsolidierung der DA als rechte Opposition macht die unlängst diskutierte Abspaltung der Kommunisten zu einer unabhängigen Partei links vom ANC unwahrscheinlich - die SAPC und der Gewerkschaftsverband Cosatu dürften sich nun genötigt sehen, das »Black Empowerment« trotz ihrer Kritik an Präsident Mbekis wirtschaftsliberaler Politik innerhalb des Bündnisses voranzutreiben.

Der wichtigste Punkt im Wahlprogramm des ANC war das Versprechen, jedem Haushalt kostenlosen Zugang zu Wasser und Elektrizität zur Verfügung zu stellen. Die Wahl wurde als der erste Popularitätstest für Präsident Mbeki nach dem souveränen Sieg in den letztjährigen nationalen Wahlen gesehen, und mit sieben Prozent Verlust ist er glimpflich davongekommen. Zwar konnte die ehemalige Befreiungsbewegung ihre großen Mehrheiten in den ländlichen Gebieten verteidigen. Sollte Mbeki jedoch die überfällige Landreform weiter verzögern, könnte die dortige ANC-Basis die Entwicklung selbst in die Hand nehmen. Mbekis zögerliche Haltung gegenüber der militanten Politik Robert Mugabes im Nachbarland Zimbabwe zeigt, dass auch er selbst unter Zugzwang steht.

Noch vor den Wahlen in der vergangenen Woche wurde die Verwaltungsstruktur des Landes reformiert. Damit sollten eigentlich die letzten Relikte des Apartheidstaates entmachtet werden: der Kongress der Traditionellen Führer (Contralesa). Dieses nicht gewählte Gremium, Produkt der Homeland-Politik während der Apartheid, die den »Häuptlingen« die Verwaltung ihres »Stammeslandes« überlassen hatte, sollte nun durch gewählte Gemeinderäte ersetzt werden. Doch der Widerstand der Traditionellen Führer war so stark - sie hatten sogar mit der Verhinderung der Wahlen gedroht -, dass sie auch in Zukunft bei allen Entscheidungen in ihren Gebieten mitbestimmen können.

Der prominenteste Traditionelle Führer, Mangosuthu Buthelezi, der Chef der Inkatha Freiheitspartei (IFP), kann nun doppelt zufrieden sein. Zum einen behält der Zulu-Nationalist, der noch Anfang der neunziger Jahre gegen den ANC Krieg führte, seine Machtstellung als Vorsitzender der Versammlung der Traditionellen Führer in der Provinz KwaZulu-Natal. Zum andern konnte seine Partei ihre Vormachtstellung in dem ehemaligen Homeland behaupten. Der 48 Prozent-Stimmenanteil dort macht landesweit neun Prozent aus. Die IFP wird sich auf Dauer entscheiden müssen, zu wem sie in Zukunft gehören möchte: Die rechtsliberale DA hat sich als einzig relevante Opposition zum linken ANC konsolidieren können, und ein dauerhaftes Zwei-Parteien-System ist sehr wahrscheinlich geworden.