Söldner bei der UCK

Der Terror der Touristen

Mit Hilfe ausländischer Söldner kämpft die ehemalige UCK um die Macht im Kosovo. Serben und gemäßigte Kosovo-Albaner sind die Opfer.

Am vergangenen Samstag mussten die Sprengstoffexperten der Uno-Polizei im Kosovo wieder einmal ausrücken. Vor dem Café »New York« im Zentrum der Provinzhauptstadt Pristina war eine Autobombe explodiert. Verletzt wurde bei dem Anschlag zwar niemand, doch für Entspannung bei der internationalen Verwaltung in dem Nato-Protektorat wird er trotzdem nicht sorgen.

Spätestens seit November letzten Jahres haben ehemalige Kader der Kosovo-Befreiungsarmee UCK den systematischen Terror gegen die wenigen in der Provinz verbliebenen Serben sowie gegen Politiker der gemäßigten kosovo-albanischen Parteien wieder entdeckt. Die Serie von Anschlägen erinnert an die schlimmsten Ausschreitungen nach dem Abzug der serbischen und jugoslawischen Einheiten vor knapp zwei Jahren.

Doch im Unterschied zum Sommer 1999 beschäftigen die nationalistischen Kosovo-Albaner nun offenbar auch einen deutschen Spezialisten in Sachen Terror. So wurde in der vergangenen Woche in Pristina der 30jährige Roland Bartetzko von der Mordkommission der Uno-Polizei verhaftet. Er steht in dringendem Verdacht, am 18. April einen Anschlag auf den Leiter der jugoslawischen Passbehörde, Aleksandr Petrovic, verübt zu haben. Petrovic starb, vier seiner Begleiter wurden schwer verletzt. Der Anschlag bewog sogar den Nato-Generalsekretär Javier Solana zu einem bedauernden Statement: »Ich bin angeekelt von dem andauernden sinnlosen Terror im Kosovo.«

Dass der Terror im Kosovo wieder zum Alltag gehört, zeigen schon die Vorwürfe gegen den ehemaligen deutschen Sprengstoffexperten Bartetzko, der in Pristina das Sicherheitsunternehmen Sucuir Kosova betrieb. Denn nicht nur wegen des Bombenattentats auf Petrovic ermitteln die internationalen Behörden.

Nach Informationen aus Pristina wird der ehemalige Unteroffizier der Bundeswehr auch für den Anschlag auf das Zentrum für Frieden und Toleranz Mitte August vergangenen Jahres verantwortlich gemacht, ebenso wie für das Attentat auf die Residenz des Belgrader Statthalters im Kosovo im November. Während bei der Explosion im Zentrum für Frieden und Toleranz eine Frau nur leicht verletzt wurde, starb beim zweiten Anschlag der Chauffeur des Belgrader Repräsentanten.

Wesentlich schwerer allerdings wiegt eine weitere mutmaßliche Terroraktion von Bartetzko. Am 16. Februar flog ein Bus mit serbischen Flüchtlingen bei Pudojevo in die Luft, zehn von ihnen wurden getötet. Rund 200 Kilogramm Sprengstoff sorgten dafür, dass die Aktion erfolgreich und todsicher war.

Bemerkenswert dabei war vor allem die generalstabsmäßige Planung dieses Attentats. Der schwedischen Kfor-Eskorte des Konvois passierte nichts. »Dieses Attentat und jenes auf Petrovic kann man eigentlich nicht ganz alleine planen und durchführen. Da braucht man Hilfe«, sagte ein Kfor-Mitarbeiter in Pristina, der ungenannt bleiben will, der Jungle World.

Vermutlich arbeitete Bartetzko im Auftrag und mit der Unterstützung ehemaliger UCK-Kader, die sich noch immer nicht vom Terrorismus lösen wollen. So ist bis heute unklar, womit Bartetzkos Sicherheitsunternehmen Sucuir Kosova legal Geld verdiente. Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass die Firma Terror-Aufträge radikaler UCK-Splittergruppen entgegennahm. Erfahrung mit Einsätzen dieser Art besaß der Mann jedenfalls zur Genüge, spätestens seit 1994 bereiste er regelmäßig den Balkan und verdingte sich offenbar als Söldner für kroatische und bosnische Paramilitärs, wie der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe berichtet.

Dass sich die UCK ausländischer Söldner bedient, um Sondereinsätze dieser Art abzuwickeln, lässt sich aus der Entstehungsgeschichte der Organisation erklären. Gegründet in der albanischen Diaspora in Westeuropa, gelang es relativ leicht, Kontakte zu Spezialisten wie Bartetzko, die ein neues Betätigungsfeld suchten, zu knüpfen. Im Gegensatz zu den kroatischen und bosnischen Einheiten, die ausländische Söldner recht häufig einsetzten, verzichtete die UCK weitgehend auf - meist rechtsradikale - Abenteurer, die im Grunde vom Handwerk des Krieges keine Ahnung hatten.

Angeblich dienten nur rund 100 ausländische Söldner während des Kosovo-Krieges in den Reihen der UCK, die aber waren handverlesen und hatten meist eine hervorragende militärische Ausbildung hinter sich. Auch heute noch kämpfen Söldner für kosovo-albanische Separatisten, wie etwa im Presevo-Tal in Südserbien. »Wir sind sehr froh, dass wir Qlirim haben, denn er hat als einziger von uns eine wirkliche Erfahrung in militärischen Dingen«, lobte der UCPMB-Kommandant Plaku einen Niederländer, der den albanischen Namen Qlirim (»der Befreier«) angenommen hat.

Sein Lebenslauf ist durchaus beeindruckend. Er begann seine Söldnerkarriere bei der PLO, später kämpfte er in Kroatien, Bosnien und im Kosovo. »Der Schritt zur UCPMB war völlig logisch, nachdem ich schon für die UCK gekämpft habe«, sagt er. Für die UCPMB scheint die Anwerbung Qlirims wirklich ein Glücksgriff gewesen zu sein: 72 Serben will er schon getötet haben, seitdem er zu den Separatisten gestoßen ist.

Doch so erfolgreich die tötenden Gastarbeiter auf dem Balkan auch sind, bleiben sie doch nur kleine Rädchen im Getriebe der separatistischen Gruppen. Gerade jetzt wieder dürfte der Bedarf an Terror-Experten groß sein, denn ein halbes Jahr vor den geplanten Wahlen im Kosovo hat der Kampf um die politische Macht an Intensität zugenommen. »Die ehemaligen UCK-Kommandeure haben alle Angst. Jeder hat mindestens zwei Leibwächter, weil er sich vor den ehemaligen Kameraden fürchtet«, sagt ein Uno-Mitarbeiter in Pristina.

Besondere Angst scheinen die gemäßigten Führer der Kosovo-Albaner zu haben. Erst in der vergangenen Woche wurde der Bürgermeister des Ortes Klina, Ismet Raci, vor seinem Haus erschossen. Er war Mitglied von Rugovas Demokratischer Liga des Kosovo (LDK). Schon im November war einer der wichtigsten Berater dieser Partei, Xhemaijl Mustafa, auf offener Straße erschossen worden. Bis heute gibt es von den Mördern keine Spur.

Dass allerdings Kontrahenten aus den Reihen der ehemaligen UCK mit den Todesfällen zu tun haben, scheint gewiss. Einen Tag nach der Erschießung des Bürgermeisters von Klina nahm die UN-Polizei Ruzdi Saramati, einen UCK-Kommandanten und engen Mitarbeiter des ehemaligen UCK-Chefs Hashim Thaci, unter Mordverdacht fest. Bis zu den Wahlen im Herbst wird es nicht die letzte Verhaftung gewesen sein.