Nach dem Parteitag der SPD

Stramme Genossen

Deutsche Soldaten als Arschlöcher zu beschimpfen mag ab und an durchaus berechtigt sein. Es gibt dafür allerdings triftigere Gründe als ihre Weigerung, Kaviar zu servieren. Und natürlich sollte man als persönlicher Mitarbeiter des Bundeskanzlers deutsche Soldaten nicht ausgerechnet dann als Arschlöcher bezeichnen, wenn der eigene Dienstherr gerade dabei ist, aus potenziellen Mördern wieder tatsächliche zu machen. Das schickt sich nicht. Michael Steiner, der außenpolitische Berater von Gerhard Schröder, hat es dennoch getan und dafür die Quittung bekommen. Weil er sich auf dem Rückflug von Schröders Asienreise bei einem Zwischenstopp in Moskau gegenüber einigen Herren in Uniform unflätig äußerte, musste er abtreten.

Die Nachricht von Steiners richtigem Wort an der falschen Stelle platzte in der vergangenen Woche mitten in den Parteitag der SPD in Nürnberg. Die ansonsten annähernd perfekte Inszenierung der Veranstaltung wurde dadurch doch etwas getrübt. Das sollte aber auch der einzige Wermutstropfen für Schröder bleiben. Nachdem die Abstimmung über die Vertrauensfrage im Bundestag für ihn nicht den erwünschten Imagegewinn gebracht, sondern im Gegenteil der Opposition willkommene Munition geliefert hat, nutzte der Kanzler den Parteitag vor allem dazu, die Regierungspolitik zu loben. Außerdem baute er den Grünen die notwendigen Brücken, damit sie drei Tage später auf ihrem Parteitag in Rostock den Einsatz in Afghanistan zum Erhalt der Koalition absegnen konnten.

Um die Abweichler in der SPD braucht sich Schröder ohnehin keine Sorgen mehr zu machen. Die sind von ihm erfolgreich auf Linie gebracht worden. In der Stadt der Reichsparteitage stand die SPD stramm und segnete ab, was der Kanzler schon eine Woche zuvor im Bundestag proklamiert hatte: Deutschland hat wieder Weltmachtambitionen, Deutschland will wieder mitmarschieren.

Fraglich bleibt allerdings, wie lange der derzeitige oberste Dienstherr noch dabei sein darf, wenn deutsche Soldaten demnächst deutsche Interessen in Mittelasien und am Horn von Afrika verteidigen werden. Für Verteidigungsminister Rudolf Scharping gab es auf dem SPD-Parteitag nämlich eine ordentliche Abfuhr. Obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war, dass er mit dem Kernstück seiner Arbeit, der Bundeswehrreform, arg ins Schleudern kommen würde, votierten gerade mal 58 Prozent der Delegierten noch für ihn als stellvertretenden Parteivorsitzenden. Wegen seiner Mallorca-Flüge, seiner peinlichen Plantschfotos und seines ständigen Vorpreschens bei Militäreinsätzen hat sich der einstige Parteivorsitzende derart desavouiert, dass er spätestens nach den Bundstagswahlen im September 2002 von Schröder endgültig abgeschoben wird.

In der vergangenen Woche durfte der Verteidigungsminister dann auch noch als Watschenmann für die grüne Seele herhalten. Außenminister Joseph Fischer stoppte per Runderlass einen Vorstoß Scharpings, ausgemusterte Waffen der Bundeswehr über die deutschen Botschaften im Ausland zu verscherbeln. So konnte Fischer sich vor dem Parteitag der Grünen als Friedenstaube präsentieren und den grünen Delegierten das Ja zum Krieg noch ein bisschen leichter machen - und Scharping war mal wieder der Depp.