Arbeitskämpfe bei McDonald's und Moulinex

Nicht mit uns

In Frankreich führen die Beschäftigten von McDonald's und Moulinex spektakuläre Arbeitskämpfe.

Auf den ersten Blick fallen die Mitarbeiter der McDonald's-Filiale am Pariser Boulevard de Strasbourg, die in der Novemberkälte auf der Straße ausharren, nicht besonders auf. An der stark frequentierten Kreuzung unweit des Pariser Ostbahnhofs wird der Tisch mit den Unterschriftenlisten und den Flugblättern von den zahlreichen Passanten kaum zur Kenntnis genommen. Von morgens bis zum Abend verbringen die Streikenden hier jeden Tag vor ihrer geschlossenen Filiale - aus Furcht, dass die von McDonald's beauftragten privaten Security-Firmen den Zugang zu den bestreikten Räumen gewaltsam erzwingen, wie sie es bereits versucht haben.

»Der Rekord ist jetzt gebrochen«, erklärte Jean-Claude am vergangenen Samstag, dem 38. Streiktag, stolz. Der junge Afro-Franzose hat bereits am ersten Streik bei McDonald's teilgenommen, der Anfang dieses Jahres im Quartier Latin zwei Wochen gedauert hatte. Seitdem engagiert er sich in einem Kollektiv, das aus der KP-nahen Gewerkschaft CGT hervorgegangen ist, jedoch mittlerweile weitgehend selbständig agiert.

Die Aktivisten, die sich seit Anfang des Jahres in dem Kollektiv »gegen die moderne Sklaverei«, wie sie sagen, zusammengefunden haben, kämpfen gegen ungesicherte Beschäftigungsverhältnisse, Niedriglöhne, flexibilisierte Arbeitszeiten und die oft rauen Umgangsformen im Betrieb.

Mit ihren Aktionen finden sie breite Unterstützung. Die linken Basisgewerkschaften SUD, junge Globalisierungsgegner von Attac sowie studentische Gruppen haben sich dem Kollektiv angeschlossen. Selbst die Nationale Koordination der Sans-papiers unterstützt es. Schließlich sind Immigranten, die einen prekären Aufenthaltsstatus haben, von der Ausbeutung in den Fastfoodketten besonders betroffen. Einen anderen legalen Job können sie wegen der diskriminierenden Einstellungspraxis in Frankreich kaum finden.

Der Auslöser des aktuellen Streiks war, ähnlich wie im Quartier Latin vor einem knappen Jahr, der Versuch des McDonald's-Managements, unbequeme Gewerkschaftsmitglieder mit Hilfe dubioser Anschuldigungen zu feuern.

Im Oktober entließ der neue Pächter der Filiale im 10. Arrodissement zunächst den einzigen gewerkschaftlichen Vertrauensmann. Kurz darauf wurden noch vier weitere Beschäftigte gekündigt, angeblich wegen Unterschlagung. Wie es der Zufall will, handelt es sich bei den fünf Personen um die einzigen Kandidaten für die ursprünglich auf Mitte November angesetzten - und jetzt verschobenen - Betriebsratswahlen.

Die ihrer Ansicht nach haltlosen Anschuldigungen brachten die Beschäftigten der Filiale endgültig in Rage. Zunächst traten sie in den Streik, um die Entlassung des Pächters und die sofortige Wiedereinstellung ihrer Kollegen durchzusetzen. Das Kollektiv gegen prekäre Arbeit und seine Sympathisanten mobilisierten daraufhin jeden Samstag mehrere hundert Personen, die aus Solidarität eine oder mehrere McDonald's-Filialen blockierten. So legten die Beschäftigten in der Filiale in der vornehmen Rue de Rivoli am vorletzten Samstag die Arbeit nieder, um gegen die harte und arrogante Reaktion des Geschäftsführers zu protestieren. Im bretonischen Rennes fand diese Methode ebenfalls Nachahmer.

Für die französische McDonald's-Gesellschaft, die im Vorjahr knapp 50 Millionen Euro für Werbung ausgab, sind die Streiks ein beunruhigendes Phänomen, zumal mittlerweile fast sämtliche Medien ausführlich darüber berichtet haben.

Ein anderes Unternehmen braucht sich unterdessen keine Sorgen mehr um sein Image zu machen, es hat aber in den letzten Wochen ebenfalls Schlagzeilen wegen eines spektakulären Arbeitskampfes produziert.

Der Küchengerätehersteller Moulinex ließ am 7. September das Konkursverfahren eröffnen. Das angeschlagene Unternehmen hatte erst Ende letzten Jahres mit der italienischen Firma Brandt fusioniert. Doch die Zusammenlegung konnte das hoch verschuldete Unternehmen nicht mehr retten.

Eine der Ursachen für die Pleite besteht darin, dass die Brüder Luigi und Gianfranco Nocivelli, die Chefs der Familiendynastie bei Brandt, gewissermaßen vorab die Kasse plünderten. Am 30. Dezember 2000, am Vorabend der Fusion, zahlten sie rund 130 Millionen Euro an Dividende an ihre Aktionäre und den größten Teil an sich selbst.

Und auch die französischen Großbanken sind an dem Desaster von Moulinex beteiligt. Zum Zeitpunkt der Fusion hatten sie wegen des hohen wirtschaftlichen Risikos extreme Zinssätze von 18,5 Prozent festgeschrieben und zugleich enorme Hypotheken auf das Produktionsmaterial der neuen Firma aufgenommen. Seit Jahresbeginn haben die Banken auf diese Weise mindestens 110 Millionen Euro an Moulinex-Brandt verdient. Dabei fehlten dem Unternehmen zuletzt nur noch 50 bis 60 Millionen Euro, um die Produktion dauerhaft zu sichern.

Am Ende blieb den Beschäftigten vor dem Handelsgericht in Nanterre nur noch die Wahl zwischen mehreren schlechten Möglichkeiten. Ende Oktober erhielt ausgerechnet das Konkurrenzunternehmen Seb den Zuschlag, Moulinex zu übernehmen. Seb träumt schon seit langem davon, seinen Rivalen vom Markt zu drängen und dessen Produktionskapazität auszuschalten.

Von den derzeit 21 000 Arbeitsplätzen bei Moulinex sollen nur 3 600 übrig bleiben. Von den 10 000 Mitarbeitern in Frankreich würden demnach nur 1 900 ihren Job behalten. Die Beschäftigten, die bereits nach dem 7. September mehrfach in Paris demonstrierten, waren jedoch nicht gewillt, diese Pläne widerstandslos hinzunehmen.

Als der neue Inhaber Seb aus einigen Moulinex-Betrieben Mitte November die Maschinen abtransportieren lassen wollte, zeigten sich die Arbeiter und Arbeiterinnen renitent. Zunächst blockierten sie den Zugang zum Firmengelände, dann drohten sie damit, die Produktionshallen in die Luft zu sprengen. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, setzten sie ein Nebengebäude in Brand. Zugleich hielten sie den als Vermittler eingesetzten Michel Bové zwei Tage lang fest.

Mit ihrem entschlossenen Auftreten konnten sie immerhin einen großen Teil ihrer Forderungen durchsetzen. So wurde ihnen eine Sonderabfindung gewährt, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit staffelt. Wer länger als 25 Jahre bei der Firma gearbeitet hat, was auf zwei Drittel der Beschäftigten zutrifft, kann rund 12 000 Euro mit in die Arbeitslosigkeit nehmen. Wer weniger als zehn Jahre bei Moulinex verbrachte, kann hingegen nur mit knapp 5 000 Euro rechnen.

Für die Beschäftigten mildert dieser Erfolg wenigstens vorläufig die sozialen und ökonomischen Folgen der Moulinex-Pleite. Auf Dauer stehen ihre Chancen allerdings schlecht. Wegen ihres Alters werden die meisten von ihnen in der nordfranzösischen Krisenregion wohl kaum mehr eine Arbeit finden.