Kritik an der Stationierung von US-Truppen auf den Philippinen

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Nach offiziellen Angaben sind die in den Philippinen stationierten US-Soldaten nur als Berater tätig. Oppositionelle befürchten jedoch deren bewaffneten Einsatz.

Wir lassen ihnen keine Ruhe«, erklärte Oberst Alexander Aleo. Er kommandiert etwa 3 500 philippinische Soldaten, die in der Provinz Basilan gegen bewaffnete Islamisten kämpfen. Auch sein Kollege David Maxwell von den Special Forces der USA ist zufrieden: »Die Dinge entwickeln sich gut.«

Gemeinsam durchkämmen philippinische und US-amerikanische Soldaten den Dschungel von Mindanao, der zweitgrößten Insel der Philippinen. »Balikatan 02-1« (»Schulter an Schulter«) heißt die gemeinsame Militärübung, die mit der neuen terroristischen Bedrohung durch das al-Qaida-Netzwerk gerechtfertigt wird. Die USA setzten Mindanao ganz oben auf die Liste der Orte, an denen sich al-Qaida-Mitglieder nach dem Rückzug aus Afghanistan aufhalten könnten. Sie sollen mit der in Basilan aktiven Abu-Sayyaf-Gruppe in Verbindung stehen.

Im Rahmen von »Balikatan 02-1« werden etwa 660 amerikanische Militärberater, unter ihnen 160 Mitglieder der Special Forces, für sechs Monate auf den Philippinen stationiert. Sie sollen nicht an den Kämpfen teilnehmen, sondern philippinische Truppen im Kampf gegen Abu Sayyaf trainieren.

Ein beträchtlicher Aufwand für einen Gegner, der nach bisherigen Schätzungen der philippinischen Regierung nicht mehr als 100 Kämpfer aufbieten kann. Philippinische Kritiker aus nationalistischen und linken Organisationen sehen »Balikatan« als lang ersehnte Rechtfertigung für das Pentagon, seine strategische Position in der Region wiederzugewinnen. Sie kritisieren, dass die Stationierung von US-Truppen und gemeinsame Militärübungen gegen die philippinische Verfassung von 1987 verstoßen und die Souveränität des Landes in Frage stellen.

Der philippinische Senat weigerte sich 1992, das Abkommen von 1951 über gegenseitige Verteidigung zu erneuern. Die Truppen der ehemaligen Kolonialmacht USA, die auch die 1986 gestürzte Marcos-Diktatur unterstützt hatten, waren zum Abzug gezwungen. 1998 wurde unter dem Druck der USA das Visiting Forces Agreement (VFA) abgeschlossen, das als legale Basis für »Balikatan« dient. Es regelt die Beteiligung US-amerikanischer Truppen an Manövern, bei denen die Abwehr externer Bedrohungen geübt wird. Oppositionelle sehen in Abu Sayyaf jedoch keine äußere Bedrohung, sondern ein internes Problem, dessen Bedeutung stark übertrieben wird.

Im Rahmen von »Balikatan« werden jeder Kompanie von 100 philippinischen Soldaten, die an search-and-destroy-Missionen gegen Abu Sayyaf beteiligt sind, zwei US-Berater zugewiesen. Sich bei solchen Missionen nicht an Kämpfen zu beteiligen, dürfte schwer durchzuhalten sein; zur Selbstverteidigung ist es den US-Soldaten gestattet, ihre Waffen zu benutzen. Da die Politik des Pentagons es ausschließt, US-Truppen ausländischem Kommando zu unterstellen, ist für die Operationen eine »gemeinsame Kommandostruktur« vorgesehen.

Das »Balikatan«-Projekt mag wie ein vernünftiger Weg erscheinen, Abu Sayyaf loszuwerden. Die Gruppe wurde in den frühen neunziger Jahren von jungen Islamistenführern gegründet, die sich von der Moro National Liberation Front (MNLF) und der Moro Islamic Liberation Front (MILF) getrennt hatten. Beide Organisationen kämpfen für einen unabhängigen Staat der muslimischen Bevölkerungsgruppe, doch die AbuSayyaf-Gründer befanden die MNLF für zu säkular und die MILF für nicht fundamentalistisch genug. Ihr verstorbener Führer Aburajak Janjalani behauptete, dass ihr Ziel die Schaffung eines Staates sei, der die »reinste und strikteste Form des Islam« praktizieren werde.

Abu Sayyaf agiert jedoch eher als ein Gewaltunternehmer, die Ideologie scheint nur Fassade zu sein. Die Gruppe entführt ausländischeTouristen und Missionare, um Lösegeld zu erpressen. Ihre Aktivitäten haben die philippinische Regierung in Verlegenheit gebracht. Doch eine Untersuchungskommission wies 1999 nach Angaben des Senatspräsidenten Aquilino Pimentel Verbindungen zwischen Abu Sayyaf und dem Militär nach. Vieles spricht dafür, dass die Gruppe eine Schöpfung des Militärs ist, die die MNLF und die MILF schwächen sollte, aber außer Kontrolle geriet. Für die Verbindungen zu al-Qaida, die zentrale Rechtfertigung der US-Intervention, gibt es keine Beweise.

Alle philippinischen Präsidenten versuchten bisher, den Konflikt mit den muslimischen Organisationen militärisch zu lösen. Oppositionelle Organisationen wie die Allianz Gathering for Peace fürchten, »Balikatan« werde zu einer Eskalation führen. Vor der US-Botschaft finden täglich Proteste statt, neue Initiativen gegen die US-Intervention sind in verschiedenen Teilen des Landes entstanden.

Doch die USA verstärken und konsolidieren ihre Präsenz. 300 zusätzliche Soldaten werden nach Basilan entsandt, für angeblich zivile Zwecke wie den Bau von Straßen und medizinische Missionen. Dies, so der Oppositionspolitiker Carlos Padilla, solle allein »die Kampfoperationen legitimieren, sie akzeptabel und den Leuten schmackhaft machen«. Die philippinische Zeitung Daily Inquirer zitierte den ehemaligen Obersten Dan Vizmanos mit der Aussage, dass dies eine der in Vietnam benutzten Taktiken sei. Er selbst wurde einst dorthin entsandt, um Straßen zu bauen, damit amerikanische Panzer das Hinterland erreichen konnten.

Verteidigungsminister Angelo Reyes gab bekannt, dass für dieses Jahr zehn weitere Militärübungen mit US-Beteiligung vorgesehen seien. An »Balikatan 02-2« sollen sich 2 665 US-Soldaten beteiligen, die USA streben die Einbeziehung weiterer südostasiatischer Staaten in diese Militärübung an. Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo sprach sogar schon von 5 000 Soldaten und beschuldigte die Opposition, mit den Terroristen zu sympathisieren.

Die sozialen Bewegungen kritisieren die Tendenz, den Begriff »terroristisch« auch auf legale Gruppen anzuwenden, die »Balikatan« und die Politik Arroyos kritisieren. Da auch bewaffnete Gruppen wie die MNLF und die kommunistische New People's Army von der US-Regierung als terroristisch bezeichnet werden, könnte sich die verstärkte Truppenpräsenz demnächst gegen sie richten.

Die Präsidentin verfolgt mit »Balikatan« noch weitere Ziele. Unter der christlichen Mehrheitsbevölkerung ist das militärische Vorgehen gegen bewaffnete muslimische Organisationen populär. Zudem hofft Arroyo, die Investoren und Touristen zurückholen zu können, die wegen Abu Sayyaf geflohen sind. Jedes Wachstum der Investitionen und des Tourismus wäre ein Auftrieb für die kriselnde Wirtschaft und für die Popularität der Präsidentin. Noch aber ist Basilan eine Kriegszone.