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Das Versagen der Anständigen

Aktionsprogramme gegen Rechts. »Im Großen und Ganzen sind die Programme sinnvoll. Nur die Umsetzung ist missglückt«, lautete das Urteil des Politologen Roland Roth über die staatlichen Antifa-Programme. In einem Arbeitszeugnis würde also stehen: »Die Regierung bemühte sich, ihre Aufgaben zu bewältigen.«

Roth ist der Autor einer Studie der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung, die die Ergebnisse der Regierungsprogramme gegen Rechtsextremismus in Deutschland dokumentieren sollte. Seit dem »Aufstand der Anständigen« im Sommer des Jahres 2000 wurden 45 Millionen Euro jährlich für diesen Zweck aufgebracht. Die Mittel seien vor allem für »Jubelveranstaltungen« mit Folklorecharakter verwendet und »mit der Gießkanne« verteilt worden, zitierte die Berliner Zeitung am letzten Wochenende das Urteil Roths. Um in Zukunft mehr Erfolg zu haben, müssten die Konzepte verbessert, lokale Netzwerke gefördert und sollte mehr auf Qualität geachtet werden.

Besonders in Ostdeutschland gehöre die Existenz einer rechten Szene zur gesellschaftlichen Normalität. Doch sei es auch ein Fehler gewesen, die Programme nur auf Jugendliche auszurichten. Vor allem »normale« ältere Menschen mit rechtsextremen Einstellungen machten durch alltägliche Beschimpfungen ihren Opfern das Leben zur Hölle. Sie seien damit noch schlimmer als die meist an ihrem Äußeren erkennbaren Neonazis.

Doppelt gestraft

Rechtsextremismus. Erst die Anschläge von Rechtsextremen, dann die Kündigung: Der Verein Pfeffer und Salz im brandenburgischen Angermünde muss sich neue Büroräume suchen. Seit mehreren Jahren setzt er sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus ein.

In den vergangenen zwei Monaten wurden mehrere Anschläge auf die Büroräume verübt, Steine flogen ins Fenster, Farbbeutel dagegen. Zuletzt wurden in den Nächten zum 18. und 19. Dezember auf die Eingangstür und die Außenwände des Büros unter anderem die Initialen eines »Autonomen Widerstandes Angermünde« und auf die Kühlerhaube des Autos eines Vereinsmitgliedes das Wort »Jude« geschmiert. Die Täter hinterließen in beiden Fällen Zettel mit dem Text: »Wir kriegen euch alle! Autonomer Widerstand Angermünde«.

Obwohl Salz und Pfeffer in allen Fällen Anzeige erstattete, reagierte die Polizei nur zögerlich. Dafür ließ der Vermieter, die MIB Baugesellschaft, von sich hören – mit einem Kündigungsschreiben. Darin wurde explizit auf die Vorfälle der vergangenen Woche Bezug genommen. Sie wurden der Klientel des Vereins in die Schuhe geschoben, berichtet ein Mitarbeiter. Die Anschläge seien ein willkommener Anlass für den Vermieter gewesen, den Verein endlich loszuwerden, der unter den Mietern des Bürogebäudes in der Templiner Straße etwas aus der Reihe fiel.

Kriminelle Energie

Haftbefehl. Wir sind nicht alle …: Der ehemalige Verkehrsminister Günther Krause (CDU) muss für drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. War Krause 1990 bloß der Verhandlungspartner Wolfgang Schäubles (CDU) bei der Festlegung des Einigungsvertrages gewesen, hat er sich inzwischen zu einer schillernden Figur entwickelt. Der auch wissenschaftlich nicht besonders erfolgreiche Informatik-professor aus Wismar verspielte 1993 seinen Posten als Verkehrsminister im Kabinett Kohl wegen diverser Affären, unter anderem weil er seine Hausangestellte vom Arbeitsamt bezahlen ließ (»Putzfrauenaffäre«). Sein Versuch, in die Privatwirtschaft einzusteigen, endete mit einer großen Pleite, der Versteigerung seines Hauses, Schulden, Anklagen und Strafen. Im Prozess vor dem Landgericht in Rostock wurden ihm Betrug, Untreue und versuchte Steuerhinterziehung vorgeworfen.

Heute kann Krause nahezu als Rudolf Scharping des Ostens gelten. Was Scharping ihm an Unterhaltungswert voraus hat, macht Krause durch seine kriminelle Energie wieder wett. Und für kleine Peinlichkeiten sind beide zu haben. An der Wiedervereinigung pries Krause seinerzeit die neue Möglichkeit für Ostdeutsche, billige Ananas essen zu können.

Arbeit, nichts als Arbeit

Überstunden. Im Jahr 2002 sind in Deutschland 1,684 Milliarden bezahlte Überstunden geleistet worden. Die Welt berief sich bei ihren Angaben auf Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit. Bitte greifen Sie jetzt nicht zum Taschenrechner, um herauszufinden, wie vielen Vollzeitarbeitsplätzen das entspricht. Denn erstens sind es etwa eine Million und zweitens darf man so gar nicht rechnen. Das meint zumindest Wolfgang Wiegard, der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Schließlich würden die Überstunden vor allem von hoch qualifizierten Fachkräften geleistet, von denen es auf dem Arbeitsmarkt zu wenige gebe.

Gut, also spekulieren wir nur ein wenig, zu welchem Ergebnis man käme, zählte man zu den bezahlten Überstunden noch die unbezahlten und die ungezählten hinzu und verteilte sie auf die für den Februar erwarteten 4,5 Millionen Arbeitslosen. Es ergibt sich die böse Ahnung, dass man in diesem Land doch noch von einer Arbeitsgesellschaft sprechen muss, ohne andere Arbeitsformen als die offiziell registrierte Lohnarbeit überhaupt berücksichtigt zu haben.

Zentrales Randproblem

Dosenpfand. Treffender als die Neue Ruhr Zeitung kann man es nicht formulieren: »Das Dosenpfand ist angesichts eines drohenden Irakkrieges, der Wirtschaftskrise und tiefgreifender Sozialreformen ein Randproblem unserer Gesellschaft.« Seit dem 1. Januar ist es offiziell da, das Randproblem. Dennoch gelang es Informanten dieser Zeitung, unter Umgehung der neuen Pfandverordnung ihr zentrales Problem zu lösen: Sie hatten Durst.