Tauben im Sturzflug

Umbau der Bundeswehr von ivo bozic
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Es ist noch nicht lange her, da flatterten rot-grüne Friedenstauben durch Berlin. »Weiter so, Joschka!«, »Mut zum Frieden – SPD«, »Bleib hart, Deutschland!«, Transparente mit diesen und ähnlichen Sprüchen wehten auf der Friedensdemonstration rund um die Siegessäule und das Brandenburger Tor. Die rot-grüne Koalition schien an der Spitze der deutschen Friedensbewegung zu stehen, Deutschland an der Spitze einer weltweiten Bewegung gegen den Irakkrieg. So manchem Alt-68er ging das Herz auf.

Nicht eine Woche war seitdem vergangen, da stellte sich der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) vor die Presse und erklärte, wo die Bundeswehr künftig sparen und wo sie mehr ausgeben will. Diese Umschichtung sei eine Folge der neuen »Verteidigungspolitischen Richtlinien« für die Bundeswehr, die Strucks Ministerium Ende März der Öffentlichkeit vorstellen will.

Ganz offen erklärte Struck, alle Projekte der Bundeswehr müssten sich an der Neuausrichtung der Streitkräfte auf Auslandseinsätze messen lassen. Zwei Kriterien der neuen Richtlinien stellte Struck bereits vor: »Für die Bundeswehr stehen Einsätze der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung sowie zur Unterstützung von Bündnispartnern auch über das Bündnisgebiet hinaus im Vordergrund. Die ausschließlich für die Landesverteidigung vorgehaltenen Fähigkeiten werden in aktiven Strukturen nicht länger benötigt.«

Das ist also die deutsche Friedenspolitik. Die rot-grüne Regierung macht aus der ausschließlich zur Landesverteidigung geschaffenen Bundeswehr eine international agierende Einsatztruppe. Die Kritik am Weltpolizeigehabe der USA erfolgt offensichtlich nur aus dem einen Grund: Man möchte selber mitspielen. Deutschland ist nicht dagegen, dass Kriege geführt werden, sondern nur, dass die USA es alleine tun. Deutschland will mitmischen, »an jeder Stelle der Erde«, wie Struck betonte. Und man mischt ja bereits kräftig mit. Militärisch und auch mit Waffenexporten.

Wer nach diesem Auftritt Strucks noch an der Seite von Rot-Grün für den Frieden im Irak streitet, macht sich lächerlich. Gegen den Irakkrieg zu sein und nicht gegen Deutschland, das ist für Linke nicht denkbar. Nicht der Friedenswille treibt die deutsche Regierung zu ihrer Haltung in der Irakfrage. Die eigenen imperialistischen Interessen setzt man manchmal eben besser mit einer Friedensrhetorik und mit der Stützung eines bestimmten Regimes durch, als mit dessen militärischer Beseitigung. Außerdem geht es um Profilierung. Deutschland will die großen Instrumente spielen, nicht wie bisher im Hintergrund das Tamburin schlagen, im Takt, den die USA vorgeben.

Man muss Struck für seine klaren Worte dankbar sein. Nun weiß jeder, woran er mit Deutschland ist. Seine Regierung gibt sich Großmachtphantasien hin. Dabei dürfte die Feststellung Strucks, »eine Gefährdung deutschen Territoriums durch konventionelle Streitkräfte« gebe es nicht mehr, eigentlich nur eine Konsequenz haben, nämlich die Bundeswehr aufzulösen. Alles andere verstößt gegen die Verfassung. Verteidigungsminister sollte man Struck jedenfalls nicht mehr nennen. Kriegsminister ist er. Wer solche Friedenstauben hat, braucht keine Falken mehr.