Sag einfach Kakao Ole!

Zu Gast in Beusts Wahlkampfcafé

Früher, ja, da standen die Wahlkämpfer noch frierend im Schneematsch oder schwitzend unterm parteifarbenen Schirm und verteilten Kugelschreiber. Früher wurde noch herkunftskonform gewählt. Früher hieß Kaffee mit viel Milch noch Kaffee mit viel Milch. Heute heißt jeder Heißgetränkausschank Lounge, bei den Wahlen zählen nur die Visagen und man trinkt Café au lait. Super, dachten die Strategen der Hamburger Christdemokraten. Wir haben keine Inhalte, volle Kassen und einen Strahlemann mit geeignetem Namen an der Front. Mieten wir uns doch einen Laden in der City und füllen ihn mit Bildern unseres Bürgermeisters! So entstand das Café Ole, die Wahlkampflounge der CDU.

Fünf Wochen lang agitiert die Regierungspartei in den gediegenen Alsterarkaden. Genau das richtige Ambiente für ihren Triple-Issue-Wahlkampf (Ole, Ole, Ole). Flankiert von Schaufenstern mit Handtaschen der Marke Louis Vuitton und Gedecken mit Austern und Schampus gibt es Kaffee, Kakao, Kekse und, ach ja, Politik. Alles für lau!

»Kommen Sie, junger Mann, holen Sie sich einen Kaffee«, ruft ein Pensionär und zeigt auf die Theke sponsored by Darboven, dem Koffeinkönig. Fast alles liegt hier gelb-orange im Trend. Herbert Winter, der freundliche Herr, sorgt für hanseatisches Flair. Er trägt einen Zweireiher und spricht mit einem deutlichen Waterkantakzent. Mit den wenigen Menschen um die 30 (»Fühlen Sie sich einfach mal wohl«). Mit den Kaffeetanten (»Sagen Sie einfach Kakao Ole. Haha!«). Vor allem aber mit älteren Damen (»Hereinspaziert!«), die scharenweise in die Lounge strömen.

Alle wollen Ole, den studiogebräunten Sunnyboy, den Mann von Adel, den harten Kerl mit der weichen Schale. Wer hat eigentlich behauptet, SPD und Grüne räumten bei den Wählerinnen ab? Die Frau an Alster und Elbe wählt Ole, den Eindruck vermittelt seine Lounge. Und hier ist es ja auch sowas von schick.

Es schlägt Fofftein – Mittagspause in Hamburg – und ein Schwung Personal samt Kundschaft aus den Boutiquen strömt ins Café. Sie folgen einem Ritual: Eintreten, politisiert dreinblicken, drei kreisende Kopfbewegungen, als wäre ein verspannter Nacken zu lockern, kurz auf Beusts Video an der Wand deuten, Café Ole ordern und rauf auf die Designpolstermöbel.

Eine Rentnerin bittet um die Broschüre »Konsequent von A bis Z«, die erklärt, wie Ole die Welt sieht, von Arbeitsmarkt bis Zuwendungen. »Ist das nicht interessant?«

Von der Wand spricht jetzt Lothar Späth. Der Ton fehlt, dafür hört man Herrn Winter, der zu zwei Endsiebzigerinnen sagt: »Sie sind ja sagenhaft charmante Damen!« Er klingt wie der Kabarettist Herr Holm, der in jedem Wort seiner Polizeipersiflage die gesamte Tonleiter absingt. »Sie können gegen das Ordnungsgeld ja fristgerecht Einspruch einlegen.«

Neben der milchgläsernen Kommandozentrale des Café Ole steht übrigens ein Parkscheinautomat, darüber hängt ein Schild: »Kurzparken kostenlos«. Seltsam. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass die CDU nach der »Abschaffung von 20 000 unnützen Parkhindernissen« (P wie Parkraum) auch noch die Alsterfleete vor der Tür zubetonieren würde? Oder nur die Bitte, nach dem Kaffee doch bitte wieder abzuhauen, Richtung Rathaus gegenüber, wo Beust bald mit absoluter Mehrheit regieren will? Das Café wird es dann nicht mehr geben. Eigentlich schade. Wo sonst zeigt sich Hamburg von seiner sozialen Seite und schenkt guten Kaffee für lau aus?

jan freitag