Nackt wie bei Adorno

Die Uni-Elite des Playboy

Liebe Studierende, ihr habt alles richtig gemacht. Ihr habt, weil die Ausbildung immer teurer wird, auf verschiedene Weisen protestiert, besonders gut aber gefiel den Zeitungsredaktionen immer, wenn ihr euch entkleidet, euer, wie ihr es nanntet, »letztes Hemd gegeben« habt. Dann seid ihr ins Wasser gesprungen (»Die Bildung geht baden«) oder habt sonst eine Gelegenheit gefunden, eine Brust oder einen Hodensack in die Kameras zu halten.

Allerdings ist es nicht mehr so, dass man Adorno mit der Präsentation einer blanken Frauenbrust brüskieren kann, Adorno ist nämlich tot. Und mit ihm wohl fast alles, was schon 1968 erkannt hatte, dass die »sexuelle Revolution« etwas anderes ist als der demonstrative Verstoß gegen die guten Sitten. Euch, Studierende, ist ein bisschen mulmig geworden, wenn ihr den im Winde flatternden Penis auf den Fotos gesehen habt.

Da ihr verstanden habt, worum es geht beim Standort, habt ihr jedoch eben nicht die Kleider angelassen, nein, ihr habt, ob nun in Berlin oder Baden-Württemberg, ob an der Sport- oder der agrarwissenschaftlichen Fakultät begriffen: Es muss weitergehen. Daher habt Ihr Kalender produzieren lassen, in welchen man Kommilitonen und Kommilitoninnen nackt beschauen darf, die ihre blanken Hintern nicht dem System entgegenstrecken, sondern für den guten Zweck hinhalten.

Süß war das, wie dann der Agrarwissenschaftsstudent nackt auf dem Traktor saß und sich schamhaft was wegklemmte. Zumeist aber waren die Bilder in Riefenstahl-Olympiafilm-Schwarzweiß gehalten. Niemand hat verstanden, was ein solcher Exhibitionismus soll, was er, in einer Zeit, in der einen allerorts Titten anspringen, alle nach »Sex« dürsten und kaum eine und einer ein erfülltes Sexualleben hat, noch bewirken könne. Niemand? Doch, die Macherinnen und Macher des Playboy haben verstanden, was beispielsweise der Online-UniSpiegel immer etwas verdruckst in ein bisserl Journalismus einbetten wollte. Es geht um folgendes: Wenn die Unis zu teuer werden, verschwinden zu viele geile Studentinnen vom Markt der feuchten Phantasien. Daher präsentierte der Playboy im vergangenen Monat die »Uni-Elite«, acht Studentinnen gaben sich so frei im »Auditorium eroticum«. So etwa Alice H., Trier, Psychologiestudentin, welche man barbusig sieht, hinter ihr auf der Couch zwei Halbnackte mit Maske, über ihnen ein Freud-Porträt. Sie sagt: »Wie unschwer zu erkennen ist, schaut mir der Vater der Psychoanalyse über die Schulter. Und ich glaube, der Anblick hätte ihm gefallen.« Sapperlot, da wird die Zigarre kalt. So ist man also Elite.

Liebe Studierende, haltet ein mit der schlichten Nacktheit, geht in die Magazine. Die machen den Menschen. Merket also: Es geht nicht darum, sein letztes Hemd zu geben. Nein, das Höschen will auch fallen. Erst dann wird man ernst genommen.

lutz erkenstädt