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Keine Silberkugel

USA. Ein »Sorry« für die anwesenden Angehörigen der Opfer des 11. September vermissten manche Kommentatoren beim Auftritt von George W. Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice vor der Untersuchungskommission zu den Anschlägen. Doch auch politische Gegner bescheinigten ihr, den Auftritt mit gewohnter Souveränität absolviert zu haben. Versäumnisse der Regierung mochte Rice nicht erkennen. Sie stellte die Anschläge als unvermeidliche Tragödie dar, es habe keine »silberne Kugel« gegeben, um die Attentäter aufzuhalten.

Rice gestattete sich auch einen dezenten Hinweis auf die Mitverantwortung der Demokraten. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Fehler von Regierung, Polizei und Geheimdiensten unmittelbar vor den Anschlägen. Die Antwort auf den Terrorismus sei aber seit 20 Jahren unzureichend, meint Rice. Das ist ein recht mildes Urteil über eine Politik, die durch die Unterstützung der afghanischen Mujahedin in den achtziger und der Taliban Mitte der neunziger Jahre sowie durch das Bündnis mit der fundamentalistischen saudi-arabischen Monarchie den islamistischen Terror gefördert hat, kommt dem Kern des Problems aber näher als die Frage, ob der Präsident al-Qaida denn ernst genug genommen hat. Auch die Demokraten haben ihre Chance versäumt. Bill Clintons Vizepräsident Al Gore drohte 1999 und 2000 mit Wirtschaftssanktionen, falls Saudi-Arabien der Finanzierung des Terrors durch »Wohlfahrtsorganisationen« nicht Einhalt gebiete. Die Intervention außen- und sicherheitspolitischer Kreise brachte ihn jedoch dazu, von dieser Maßnahme abzusehen.

Billige Demokratisierung

Haiti/USA. Weniger noch als einheimische Untersuchungsausschüsse schätzt die US-Regierung Nachforschungen, an denen ausländische Regierungen beteiligt sind. »Ich glaube nicht, dass solche Ermittlungen irgendeinem Zweck dienen«, entgegnete US-Außenminister Colin Powell am Montag der vergangenen Woche bei seinem Besuch in Haiti auf die Forderung von mehr als 60 Staaten, dem Vorwurf des ehemaligen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide nachzugehen, er sei von den USA zum Rücktritt gezwungen worden.

Bis zur Klärung dieser Vorwürfe wollen die in der Caricom zusammengeschlossenen Nachbarstaaten die neue Regierung Haitis nicht anerkennen. »Ich werde hart arbeiten, um Haiti wieder in die karibische Gemeinschaft zu integrieren«, kündigte Powell an. Doch wenn er so knauserig bleibt wie gegenüber Haiti, dürfte ihm das schwer fallen. Mit neun Millionen Dollar – pro Kopf der Bevölkerung kaum mehr als ein Dollar – wollen die USA die Demokratisierung fördern, weitere 55 Millionen sollen als nicht näher spezifizierte Hilfe ausgezahlt werden. Da bleibt der Drogenhandel lukrativer.

Übertriebener Sieg

Algerien. Mit einem Wahlsieg des Amtsinhabers Abdelaziz Bouteflika war zwar gerechnet worden, doch die angeblich bei der Präsidentschaftswahl am letzten Donnerstag erzielten 83,5 Prozent der Stimmen weckten ernsthafte Zweifel an einer korrekten Auszählung. Ali Benflis, Bouteflikas früherer Premierminister und bei der Wahl sein wichtigster Herausforderer, musste sich mit 7,9 Prozent der Stimmen begnügen. Den »moderaten« Islamisten Abadallah Djaballah wählten demnach 4,8 Prozent, der liberale Kandidat aus der kabylischen Minderheit, Saïd Sadi, und die Linkspopulistin Louisa Hanoun blieben unter zwei Prozent.

Noch am frühen Abend des Wahltags erklärten die drei Kandidaten Ali Benflis, Saïd Sadi und Abdallah Djaballah bei einem gemeinsamen Auftritt, nach den Informationen ihrer Wahlbeobachter verfüge kein Bewerber über die absolute Mehrheit. Im weiteren Verlauf des Abends versuchten sie, eine Protestdemonstration in Algier durchzuführen, die aber von der Polizei verhindert wurde. Zu dieser Zeit strömten bereits Anhänger Bouteflikas in Autokorsos auf die Straße, um ihren Sieg zu feiern, obwohl die Wahlergebnisse erst am Mittag des nächsten Tages bekannt gegeben wurden.

Friendly Fire

Kolumbien. Die Guerillabewegungen des Landes können sich möglicherweise bald zur Ruhe setzen, denn die Armee nimmt ihnen jetzt die Arbeit ab. Sieben Angehörige einer Spezialeinheit der Polizei und vier Informanten wurden Mitte März in Guaitarilla von Soldaten erschossen. In der vergangenen Woche musste Verteidigungsminister Jorge Alberto Uribe gestehen, dass die Fakten »verwirrend und unvollständig« blieben und er seinen Bericht deshalb nicht wie vorgesehen vorlegen könne.

Präsident Alvaro Uribe kommt der Vorfall ungelegen. Derzeit will er im Parlament ein weiteres »Anti-Terrorismus-Gesetz« durchbringen, das der Armee gerichtliche Vollmachten gibt. Polizei und Armee sind in den vergangenen Monaten immer wieder durch Korruptionsskandale und Beteiligung am Drogenhandel aufgefallen. Auch in Guaitarilla könnte Streit um die Beute der Anlass der Schießerei gewesen sein, die Armeeeinheit war auf der Suche nach einer halben Tonne Kokain.

Frommes Telefon

Telekommunikation. Es könnte das wichtigste islamische Produkt »seit der Erfindung der Gebetskette« werden, mutmaßt die libanesische Tagezeitung Daily Star. In der vergangenen Woche stellte der Handyproduzent Ilkone in Beirut das i800, das erste islamische Handy, vor. Das famose Gerät erhielt bereits die Autorisierung durch die renommierte islamische Universität al-Azhar in Kairo. Es hat den gesamten Koran gespeichert, weist aus 5 000 Städten der Welt die Gebetsrichtung nach Mekka und kann auch so eingestellt werden, dass es den Gläubigen pünktlich auf die vorgeschriebenen Gebetszeiten aufmerksam macht. Allerdings sollten fromme Benutzer die Sure 10, Vers 66 beachten: »Die da andere anrufen als Allah, sie folgen nur einem Wahn.«