Seltsame Zeiten

Bilder aus Jerusalem von niv hachlili

Der imaginäre Reisende denkt manchmal bei sich,die Welt ist so seltsam.So seltsam.

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Gestern Abend kam die Nachricht über einen Selbstmordattentäter auf dem Weg ins Zentrum von Jerusalem.Straßen wurden gesperrt.Autos wurden durchsucht.Stau überall.Ich saß in einem kleinen Café mitten in der Stadt.Der Mann, der neben mir saß, sagte zu seiner Freundin:»Ich spüre es kommen, ich spüre, es könnte mich erwischen. Deshalb möchte ich dir sagen, ich liebe dich.«

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Amichai ging zur Wehrübung,wir konnten unser Drehbuch nicht zu Ende schreiben.»Ich weiß nicht, was ich machen soll«, hatte er am Tag zuvor gesagt, als wir zusammen saßen.»Ich weiß nicht, ob ich verweigern soll oder nicht,ich kann nicht schlafen. Die ganze Woche konnte ich an nichts anderes denken. Nur an diese Scheiße.«»Was glaubst du, wohin sie dich schicken werden?«, fragte ich.»Vielleicht nach Südhebron.«»Großartig«, sagte ich, »wir können uns auf den Hügeln treffen, ich auf der einen Seite, du auf der anderen. Ich werde dir was Gutes zum Essen bringen.«»Genau das ist es, was ich befürchte«, sagte er und lächelte nicht.

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Ibrahim ist auf dem Weg zum Obersten Gericht. Sie wollen die Olivenbäume seiner Familie fällen,

die älter als tausend Jahre sind.Ibrahim sagt: »Wenn sie die Bäume fällen,

wegen der neuen Siedlung, kann ich nicht mehr leben. Nicht mehr leben.«

Dieses Land, das wir vergiften und töten, wird uns für alles bezahlen lassen.

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Als wir zurück in die Stadt fahren, sage ich zu Ashraf:»Es ist, als käme man aus der Twilightzone zurück.«»Das stimmt so nicht ganz«, sagt er.»Das da ist die Twilightzone. Wir kommen gerade aus der Wirklichkeit zurück.«In den Nachrichten reden sie über Gaza.Tote Soldaten, tote Palästinenser, demolierte Häuser. Ich blicke aus dem Fenster und lasse die Wirklichkeit hinter mir.

übersetzung: federica matteoni

Niv Hachlili ist Künstler und Kolumnist der Jerusalemer Lokalzeitung Kol Hair.