Schmisse gegen Adorno

Burschenschafter planen eine Veranstaltung zum Biologen Konrad Lorenz in Wien. Antifaschistische Gruppen organisieren ein Gegensymposium.

Schon seit längerem begeistern sich Rechtsextreme für den Verhaltensforscher Konrad Lorenz. 1973 wurde er vom neonazistischen Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes mit dem so genannten Schiller-Preis ausgezeichnet. Die Sympathie kommt auch nicht von ungefähr, war Lorenz doch ein begeisterter Anhänger der nationalsozialistischen Idee der »Ausmerzung Minderwertiger«. Wie bei vielen Nazis schlug seine Begeisterung nach der Zerschlagung des »Dritten Reichs« in Depression um. Lorenz gilt in der Naturwissenschaft längst als überholt. Nur einige Apologeten in der Verhaltensforschung und Rassisten versuchen weiterhin, ihren Biologismus mit der österreichischen Geistesgröße abzusichern. Und die österreichischen Grünen weigern sich bis heute, mit ihrem Gründervater zu brechen. Seine Misanthropie, sein Sozialdarwinismus und Kulturpessimismus gelten bei ihnen nach wie vor als Technik- und Zivilisationskritik. Ebenfalls nicht neu ist der Hass von Rechtsextremen auf die Kritische Theorie. In der Ankündigung zu ihren Veranstaltungen bezeichnet die »Arge Konrad Lorenz«, in der sich die Burschenschaften »Olympia« und »Silesa«, der »Wiener Korporationsring der national-freiheitlichen Studentenverbindungen« und der »Ring Freiheitlicher Studenten«, die Studentenorganisation der FPÖ, zusammengeschlossen haben, die Kritische Theorie als »Verbindung von Neomarxismus und Psychoanalyse«. Insbesondere die Burschenschaft »Olympia« steht seit ihrer Wiederzulassung im Jahr 1952 im Zentrum des militanten Rechtsextremismus. Im Januar vergangenen Jahres etwa lud sie zu einem Abend mit dem deutschen Neonazibarden Michael Müller, der in seinen Liedern folgendes zum Besten gibt: »Mit 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis 6 Millionen Juden, da ist der Ofen an. (…) Bei 6 Millionen Juden ist noch lange nicht Schluss.« Der eingeladene Festredner Rolf Kosiek machte unter dem Pseudonym Rudolf Künast die Kritische Theorie bereits im Jahr 1983 für die »Umweltzerstörung« verantwortlich. Er war in den siebziger Jahren Führungskader der NPD und saß im »wissenschaftlichen Beirat« der rassistischen Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung des Hamburger Neonazis Jürgen Rieger. Seit 1981 ist er Mitarbeiter des rechten Grabert-Verlages. Kosiek, der auch Mitglied im revanchistischen Witikobund ist, referierte u.a.beim mittlerweile behördlich aufgelösten Verein »Dichterstein Offenhausen« und beim nicht minder neonazistischen Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes. Dieses Jahr erschien sein Buch »Die Frankfurter Schule und ihre zersetzenden Auswirkungen« in fünfter Auflage. Darin macht er die »dem deutschen Denken fremde« Kritische Theorie für das »Einbringen dieses gefährlichen geistigen Giftes des Marxismus in den deutschen Volkskörper« nach 1945 verantwortlich. Ermöglicht habe dies die »Umerziehung«, mit welcher vor allem die Angehörigen der Frankfurter Schule von den US-Alliierten beauftragt worden seien. Die aus dem US-amerikanischen Exil als »Sieger« zurückgekehrten »Zersetzer« haben nach der Meinung Kosieks ganze Arbeit geleistet. Eine »egoistische Spaß- und Genussgesellschaft« habe die gute alte Volksgemeinschaft abgelöst, »Fremde« könnten heute ungehindert »in den deutschen Volkskörper in Millionenzahl einströmen«, und durch den »Ungeist der Verneinung, Bezweiflung und Verweigerung« sei die »Innenwelt« zerstört worden. Nicht nur ihren Hass auf alles Deutsche, auch ihre angebliche Verantwortung für die Umweltzerstörung leitet Kosiek von der Tatsache ab, dass »fast alle führenden Vertreter der Frankfurter Schule dem Judentum entstammten«. Hier zeigt sich erneut, dass die deutsche Kritikfeindschaft im völkischen Einheits- und Reinheitswahn gründet, der sich nach wie vor zuallererst an Juden austobt. Was Adorno über den Hass auf die Psychoanalyse gesagt hat, gilt auch für den Hass auf die Kritische Theorie: Er »ist unmittelbar eins mit dem Antisemitismus, keineswegs bloß weil Freud Jude war, sondern weil Psychoanalyse genau in jener kritischen Selbstbesinnung besteht, welche die Antisemiten in Weißglut versetzt«. Neben Kosiek sollen bei dem Symposium auch Otto Scrinzi, seit Jahrzehnten eine wichtige Figur in der deutsch-österreichischen Neonazi-Szene, und der frühere Dozent für Politische Ökonomie an der Universität Wien, Friedrich Romig, auftreten. Romig sorgte zuletzt in einem Artikel der rechten Zeitschrift Zur Zeit mit der Behauptung für Aufregung, die »Globalisierung« müsse als der »Weg« gesehen werden, »auf dem das Judentum (…) seinem biblischen Auftrag gemäß weltweite Dominanz erlangt«. Die USA würden »unter der Kuratel einer weit verzweigten Macht, nämlich der ›Israel-Connection‹« stehen. Als »Voraussetzung für die Ausbreitung« der »Herrschaft« der Juden machte Romig »die Auflösung aller Gemeinschaftsbindungen (…), die der Globalisierung und der Führung der Welt durch das auserwählte Volk im Weg stehen« aus. Auch Bernd Rabehl, der ehemalige Wegbegleiter Rudi Dutschkes, wäre, vom linken Antizionismus und Antiamerikanismus kommend, endgültig im Milieu des Neonazismus angekommen, sollte er, wie angekündigt, bei der Veranstaltung der »Arge Konrad Lorenz« als Ankläger gegen die Frankfurter Schule auftreten. Angesichts der Ankündigungen der rechtsextremen Burschenschaftler und Freiheitlichen, ihren Hass auf die Kritische Theorie öffentlich auszutoben, organisieren das Café Critique, ein unabhängiger Diskussionskreis von Politik- und Kulturwissenschaftlern, und die Studienrichtungsvertretung Politikwissenschaft mit Unterstützung der linkszionistischen Organisation Hashomer Hazair für den 12. und 13. November unter dem Titel »Feindaufklärung und Reeducation: Über die Notwendigkeit Kritischer Theorie heute« ein Gegensymposium in Wien. Bei der Veranstaltung in der Technischen Universität wollen die Veranstalter über einen zeitgemäßen Antifaschismus diskutieren und dabei auch die Rolle der USA und Israels für aktuelle Formen von »Feindaufklärung und Reeducation« besprechen. Nähere Informationen zu dem Gegensymposium unter www.cafecritique.priv.at