»Vieles deutet auf das Ende des Musikfernsehens hin«

Thomas Diekmann

Die angeschlagene Viva Media AG hat einen solventen Käufer gefunden: den US-Medienkonzern Viacom, dem bereits der Musiksender MTV gehört. Das Unternehmen, das in den USA viele Fernseh- und Radiosender sowie Freizeitparks betreibt, möchte auf dem deutschen Fernsehmarkt Fuß fassen. Zunächst will Viacom die beiden Musiksender fusionieren. Aus aktienrechtlichen Gründen darf sich das Unternehmen aber erst nach einer ordentlichen Hauptversammlung und einer Auszahlung der Kleinaktionäre in die Viva-Geschäfte einmischen.

Gerüchte über einen Umzug nach Berlin und die Abwicklung von Viva TV lassen derweil die rund 300 Mitarbeiter in Köln um ihren Arbeitsplatz zittern. Um über die Pläne informiert zu werden, hat der Betriebsrat der Viva Media AG Klage gegen den Geschäftsführer eingereicht.

Thomas Diekmann, 35 Jahre alt, ist Vorsitzender des Viva-Betriebsrats. Mit ihm sprach Sebastian Sedlmayr.

Herr Diekmann, wenn dieses Interview erscheint, soll das Arbeitsgericht Köln entscheiden, ob die Geschäftsführung Sie als Betriebsrat in die Personalplanung einbeziehen muss. Ist das nicht eine Selbstverständlichkeit?

Ja, eigentlich schon. Aber wir müssen die Gerichte bemühen.

Liegt das an der Viva-Geschäftsführung?

Die Geschäftsführung zieht sich auf den Standpunkt zurück, dass es keine Planungen für die Neustrukturierung von Viva gebe. Aber es gibt nachweislich diese Planungen, die das Personal betreffen.

Wie lässt sich das beweisen?

Das Betriebsverfassungsgesetz sagt, dass der Betriebsrat in die Planungen einzubeziehen ist. Wohlgemerkt in die Planungen, eine Informationspflicht hat die Geschäftsführung sowieso. Dazu gehört die Zusammenlegung des Verkaufs von Werbezeiten. Die Chefin von MTV Deutschland, Catherine Mühlemann, hat kürzlich in einem Interview gesagt, dass diese Bereiche von Viva und MTV zusammengefasst werden sollen. Da zum Beispiel hätte der Betriebsrat einbezogen werden müssen.

Was halten Sie als Betriebsratsvorsitzender der Viva Media AG prinzipiell von der Fusion mit MTV?

Momentan läuft es kommunikativ miserabel ab. Unternehmensfusionen sind heute an der Tagesordnung. Aber wir erwarten, dass mit uns gesprochen wird. Wir erwarten Fairness. Die gibt es derzeit nicht. Ein Unternehmer hat eine Verpflichtung seinen Arbeitnehmern gegenüber. Wir haben bei Viva viele Kollegen, die sehr lange im Musikbereich gearbeitet und nichts anderes gelernt haben. Wenn die nicht in Berlin übernommen werden, bekommen sie auf dem Arbeitsmarkt richtig ernsthafte Probleme.

Dass Viva TV in Köln nicht erhalten bleibt, ist Ihrer Meinung nach schon entschieden?

Ja, das halte ich für eine beschlossene Sache.

Wie viele Mitarbeiter wären davon betroffen?

Das ist Zahlenraten. In Berlin gibt es derzeit maximal Raum für 25 neue Arbeitsplätze. Nach unseren Informationen ist für MTV in Berlin keine Neuanmietung vorgesehen. Der Rest bleibt Spekulation, solange sich die Chefetage von MTV-Viva nicht eindeutig äußert.

Wie viele Mitarbeiter hat die Viva Media AG?

Viva TV, Viva Media und Viva Plus, also die drei betroffenen Unternehmensbereiche, haben zusammen 292 Mitarbeiter.

In Köln kursiert der sarkastische Witz, dass nach dem Wegzug von Viva TV aus Köln 300 Praktikanten auf der Straße stünden.

Das ist Quatsch.

Wie ist denn das Verhältnis zwischen Festangestellten und »Freien« wirklich?

Von den 300 Leuten haben schätzungsweise 15 Prozent befristete und 60 Prozent feste Stellen. Etwa fünf Prozent sind Studenten. Der Rest sind Praktikanten.

Bekommen Praktikanten bei Viva Geld?

Ja, 308 Euro pro Monat.

Wie ist die Altersstruktur der Beschäftigten?

Die fängt an bei 18 und geht – mit Ausnahme des Chefs Dieter Gorny – bis 46 Jahre.