Die Erfolge des israelischen Gewerkschaftsbundes Histadrut

Per SMS zum Arbeitskampf

Der israelische Gewerkschaftsbund Histadrut feiert große Erfolge, während Gewerkschaften anderswo gegen sinkende Mitgliederzahlen kämpfen.
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Anfang November kündigte Ofer Eini nach acht Jahren seinen Abschied von der Spitze des israelischen Gewerkschaftsdachverbands Histadrut an. Das Ende der »Ära Eini« ist ein guter Anlass, um an einige der außergewöhnlichen Erfolge zu erinnern, die die Histadrut in den vergangenen Jahren erzielt hat, vor allem darin, einst für »unorganisierbar« gehaltene Beschäftigte zu organisieren. Dass diese Erfolge außerhalb Israels so gut wie unbekannt sind, ist auf die Feindschaft einiger Gewerkschaften gegenüber dem jüdischen Staat zurückzuführen, die auch die israelische Gewerkschaftsbewegung trifft.
Die Histadrut war mit ihren Kampagnen jüngst äußerst erfolgreich, indem sie mutige Taktiken am Arbeitsplatz anwendete, Arbeitsgesetze ändern konnte und neue Technologie effektiv einsetzte. Infolgedessen wächst die israelische Gewerkschaftsbewegung im Gegensatz zu derjenigen in vielen anderen Industrieländern.

Für die Histadrut begann das Jahr mit der Anerkennung einer Gewerkschaft bei der Mobilfunkgesellschaft Pelephone. Dies war die Folge von vier Monaten Arbeitskampf, der in einem historischen Urteil des israelischen Arbeitsgerichts gipfelte, laut dem ein Arbeitgeber seine Beschäftigten nicht an der Ausübung ihres Rechts auf Gründung einer Gewerkschaft hindern darf. Der Erfolg wiederholte sich im April bei Cellcom, einem anderen großen Mobilfunkanbieter. Hunderte neue Mitglieder traten bei, zunächst während einer geheimen Kampagne, dann öffentlich. Mobilfunkunternehmen waren für Gewerkschaften in anderen Ländern keine leichten Gegner, wie die Kampagne von US-amerikanischen Gewerkschaften zeigt, die sich bei der deutschen T-Mobile organisieren wollten, oder der Konflikt, den britische Gewerkschaften mit Virgin Media hatten.
Doch die Erfolge der Histadrut beschränken sich nicht auf den Hightech-Sektor. Im Juni gab die Jugendorganisation der Histadrut bekannt, dass sie über 7 000 junge Beschäftigte von McDonald’s organisiert hat. Das ist in den meisten Ländern für Gewerkschaften sehr schwierig, auch bei anderen Fast-Food-Ketten.
Ende Oktober kündigte die Histadrut eine »Blitzkampagne« an, um ein Drittel der Beschäftigten bei Migdal-Versicherungen an einem einzigen Tag als Mitglieder zu gewinnen. Die Kampagne folgte auf die erfolgreiche gewerkschaftliche Organisierung bei Clal-Versicherungen. »Es gibt keinen Ort, wo wir nicht aktiv sind. Wir kamen organisiert und mit dem Ziel zu gewinnen«, ließ die Histadrut verlauten. »Alle Beschäftigten bei Migdal bekamen eine SMS und einen Link zur Website, um der Histadrut digital beizutreten.« Gewerkschaftsmitglieder und Beschäftigte verteilten zudem Broschüren, die die Beschäftigten dazu aufforderten, die spezielle Facebook-Seite für die gewerkschaftliche Organisierung aufzurufen.
Zur selben Zeit initiierte die Histadrut eine umgerechnet 1,36 Millionen Euro teure TV-Kampagne, um für eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft zu werben. Der Verband der Gewerbetreibenden verurteilte dies und sprach von »erbärmlichem Timing«, ohne zu erwähnen, wann genau der richtige Zeitpunkt dafür gewesen wäre. Ofer Eini verteidigte die Planung: »Genau jetzt ist die gewerkschaftliche Organisation nötig, besonders zu einer Zeit, da die organisierte Arbeiterschaft herabgewürdigt wird.«

Nur wenige Gewerkschaften außerhalb Israels werden von diesen Erfolgen wissen, teilweise wegen der Weigerung, sich mit dem jüdischen Staat einzulassen. Aber auch die Histadrut selbst bemüht sich kaum darum, ihre Erfolge der Welt mitzuteilen, und konzentriert ihre sehr begrenzten internationalen Aktivitäten stattdessen darauf, antiisraelische Resolutionen auf Gewerkschaftskongressen zu blockieren. Vertreter der Histadrut sprechen bei internationalen Gewerkschaftsveranstaltungen selten über etwas anderes als den Konflikt mit den Palästinensern. Aber falls sie es doch tun, wie beispielweise beim weltweiten Kongress der Beschäftigten des Nahrungsmittelsektors 2011, finden sie vielleicht ein Publikum, das weitaus weniger feindselig ist.