Bill rules

Er ist fast zu gut, um wahr zu sein. Der seit Anfang Januar amtierende Bürgermeister von New York City, Bill de Blasio, scheint einfach nichts falsch zu machen. Der 52jährige linke Demokrat gewann die Bürgermeisterwahlen im November vergangenen Jahres mit über 73 Prozent der Stimmen und beendete damit die 20 Jahre dauernde Ära republikanischer Bürgermeister in New York City, deren Politik sich vor allem auf »Sicherheit« und rigide Verbrechensbekämpfung fokussierte. De Blasio hingegen will die soziale Ungleichheit bekämpfen. Am Montag voriger Woche kündigte er an, städtische Personalausweise auszugeben, damit Illegalisierte nicht mehr »im Verborgenen leben« müssen. Einige andere US-amerikanische Städte haben mit ähnlichen Initiativen bereits positive Erfahrungen gemacht. In New York City könnte die Ausgabe der Ausweise den rund eine halbe Million Migrantinnen und Migranten ohne gültige Papiere zugute kommen, die in der Stadt leben. Auch kritisierte de Blasio die rassistische Praxis der New Yorker Polizei bei den stop and frisk genannten Personenkontrollen. Er will zudem die Steuerabgaben für Reiche erhöhen, um damit flächendeckend Kinderbetreuungsprogramme zu finanzieren, und das öffentliche Bildungssystem verbessern. Damit führt de Blasio fort, womit er einst begann.
Bereits in der Schule war er als Schülervertreter aktiv. Mit 26 Jahren reiste er als Unterstützer der sandinistischen Revolution nach Nicaragua, während die US-Regierung unter Ronald Reagan die Contras förderte. Nach dem Studium setzte er sich als Mitarbeiter staatlicher Behörden, Abgeordneter des Stadtrats von New York City (2001 bis 2009) und Public Advocate (Ombudsmann, von 2010 bis 2013) unter anderem für Obdachlose und sozialen Wohnungsbau, gegen die Diskriminierung von Transgender-Personen und gleichgeschlechtlichen Paaren und für bessere öffentliche Bildung ein. Seit 1994 ist der weiße Linksliberale mit der schwarzen Feministin und Autorin Chirlane McCray verheiratet. Dass er seine Familie im Wahlkampf instrumentalisierte, sei ihm verziehen, schließlich sind sogenannte Mischfamilien immer noch ungewöhnlich. Als besonderes Schmankerl bezeichnete er sich auch noch jüngst als Verteidiger Israels und kritisierte Unternehmen, die Geschäfte mit dem Iran tätigen. Soll­­te de Blasio mit seiner progressiven Politik erfolgreich sein und sich nicht korrumpieren lassen, gilt: Mehr Bill für alle!