Spanische Basisgewerkschaften im Streik

Alle Leitungen stehen still

In Spanien streiken Beschäftigte des Konzerns Telefónica. Basisgewerkschaften wehren sich dabei auch gegen die Politik der großen sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften.

Seit zwei Monaten befinden sich Scheinselbständige und Vertragsarbeiter bei Telefónica Movistar in Spanien in einem unbefristeten Streik. Der Grund dafür sind die in höchstem Maße prekären Arbeitsbedingungen der bei Subunternehmen von Telefónica angestellten oder als Scheinselbständige arbeitenden Techniker. Arbeitstage von zehn bis zwölf Stunden, selbst an Wochenenden, die fehlende Bereitstellung von Arbeitsmaterialen seitens des Unternehmens sowie eine Anfang des Jahres erfolgte Gehaltskürzung führten dazu, dass die Beschäftigten sich Ende März dazu entschlossen, in den Streik zu treten. Unterstützt wurden sie dabei von Anfang an von den Basisgewerkschaften Alternativa Sindical de Trabajadores (AST), Sindicato Comisiones de Base (co.bas) sowie der anarchosyndikalistischen Confederación General de Trabajo (CGT). Die streikenden Techniker und Serviceangestellten fordern eine geregelte 40-Stunden-Woche, die Angleichung ihres Lohns an das Gehalt der Festangestellten sowie Arbeitsverträge, die ihnen zumindest den Anspruch auf Krankengeld und Rente zusichern. Darüber hinaus fordern sie die Rücknahme der Auslagerung ihrer Tätigkeit an Subunternehmen.

Ursprünglich hatten die großen sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften Comisiones Obreras (CCOO) und Unión General de Trabajadores (UGT) mit dem ehemaligen Staatsunternehmen Telefónica vereinbart, dass lediglich zehn Prozent der Arbeitsplätze an Subunternehmen ausgelagert werden dürfen. Aktuelle Zahlen, die im Verlauf des Streiks von Basisgewerkschaften vorgelegt wurden, belegen hingegen, dass es mittlerweile 90 Prozent sind. Mit Ruhm bekleckert haben sich die beiden traditionellen Gewerkschaften in dem Konflikt ohnehin nicht. Schließlich waren sie es, die ohne Rücksprache mit den Streikkomitees Anfang Mai den Streik kurzerhand für beendet erklärt und eine Einigung mit den zehn größten Subunternehmen Telefónicas erzielt hatten, die abgesehen von einer minimalen Lohnerhöhung um ein Prozent nicht im geringsten auf die Forderungen der Streikenden einging. Daher wird der Streik fortgesetzt, nun auch entschieden gegen CCOO und UGT gerichtet und ergänzt durch die Parole »Wir kämpfen, wir verhandeln«.

Die knapp 15 000 Streikenden befinden sich nicht in der schlechtesten Verhandlungsposition. Immerhin sind sie es, die das nötige Wissen und die Zugriffsmöglichkeiten auf die entscheidenden Schaltstellen der modernen Kommunikationssysteme besitzen und somit in der Lage sind, diese auch lahmzulegen. Abgesehen von kleineren Sabotageakten ist davon bisher jedoch erst wenig Gebrauch gemacht worden. Der Druck auf das Unternehmen wird derweil auf anderer Ebene erhöht. Die Basisgewerkschaften haben unter dem Motto »Gleiche Arbeit, gleiches Gehalt« die Festangestellten bei Telefónica zu einem Solidaritätsstreik aufgerufen. Sie vertreten mittlerweile rund ein Drittel der Beschäftigten des Konzerns und haben ihre Mitglieder für den kompletten Juni dazu aufgefordert, an jeweils zwei Tagen in der Woche für zunächst zwei Stunden die Arbeit niederzulegen.

Nach der einwöchigen Besetzung der Konzernzentrale in Barcelona durch die Streikenden signalisiert das Unternehmen zwar allmählich Verhandlungsbereitschaft, eine Kundgebung unter dem Motto »Die Kämpfe vereinen« am Freitag vergangener Woche in Madrid verdeutlichte jedoch, dass die Wirkung des Streiks längst weit über die Grenzen des Unternehmens hinausgeht. Akteure der verschiedenen derzeit stattfindenden Arbeitskämpfe trafen in Madrid zusammen. Hunderte Menschen, von Angestellten der Post über städtische Reinigungskräfte bis hin zu Feuerwehrleuten, die für die Verhinderung von Waldbränden zuständig sind, setzten zusammen mit den Streikenden bei Telefónica ein deutliches Zeichen gegen Prekarisierung und legten dabei durch die Bezugnahme auf die jeweils anderen Arbeitskämpfe bemerkenswertes Klassenbewusstsein an den Tag.