Neue Erkenntnisse über die jihadistischen Attentate vom November in Paris

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Bezüglich der jihadistischen Attentate vom November in Paris gibt es einige neue Erkenntnisse, aber auch unbestätigte Spekulationen.

Hätte man die Pariser Attentate verhindern oder zumindest die Gefahr besser erkennen können? Diese Fragen wurden in den vergangenen Tagen in Frankreich mit neuer Intensität aufgeworfen, nachdem weitere Erkenntnisse über die Hintergründe der Morde vom 13. November bekannt geworden waren.
Eine derzeit viel diskutierte Spur führt nach Ägypten. In Kairo wurde im Februar 2009 die französische Oberschülerin Cécile Vannier bei einem Attentat getötet. Als einer der Tatverdächtigen wurde anderthalb Monate später der Belgier Farouk ben Abbès in Ägypten festgenommen. Er hatte sich bereits 2007 in Kairo mit den französischen Jihadisten Farid Benladghem und Fabien Clain getroffen. Letzterer ist ein Konvertit und hält sich derzeit in Syrien auf. Er ist der Sprecher im ersten französischsprachigen Bekennervideo zu den Pariser Attentaten. Zwischendurch weilte ben Abbès ein Jahr im Gaza-Streifen bei einer jihadistischen Splittergruppe mit Kontakt zu al-Qaida, der »Armee des Islam«. Er wurde bei seiner Wiedereinreise nach Ägypten festgenommen.
In seiner Akte werden bereits 2009 erstmals Anschlagsplänen erwähnt, unter anderem gegen den Konzertsaal Le Bataclan in Paris. Rockkonzerte beflügelten immer wieder Anschlagsphantasien jihadistischer Gruppen, da sie solche Veranstaltungen als Orgien verteufeln. Ben Abbès wurde auch in einem entschlüsselten Telefonat zwischen Anführern der »Armee des Islam« und algerischen Islamisten von al-Qaida im Land des islamischen Maghreb (Aqmi) erwähnt, in dem über Aktionen auf französischem Boden gesprochen wurde. Er wurde später nach Frankreich ausgeliefert, doch das Ermittlungsverfahren wegen der Anschlagspläne auf Le Bataclan wurde mangels konkreter Bewiese 2012 eingestellt. Vielleicht hätten am Veranstaltungsort zumindest erhöhte Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden sollen.
Die Bedeutung anderer internationaler Verbindungen ist bislang unklar. So wurde vorige Woche bekannt, dass der letzte noch flüchtige mutmaßliche Tatbeteiligte der Pariser Attentate, Salah Abdeslam, Ende Juli vergangenen Jahres im französisch-deutsch-schweizerischen Dreiländereck kontrolliert wurde. Am 4. August segelte er auf einem Boot, zusammen mit dem derzeit in der Türkei inhaftierten Ahmed Dahmani, von der italienischen Küste nach Patras in Griechenland und drei Tage später in umgekehrter Richtung. Die genauen Hintergründe sind unklar. Wahrscheinlich ging es darum herauszufinden, wie französische oder belgische Jihadisten sich unter Flüchtlinge aus Syrien mischen könnten.
Doch nicht alle jihadistischen Anschlagspläne, über die in jüngerer Zeit spekuliert wurde, haben sich bestätigt. So wurde im November Halim A. unter Hausarrest gestellt. Ihm wurde vorgeworfen, sein Handy in der Nähe des Wohnsitzes eines Redakteurs der Satirezeitschrift Charlie Hebdo benutzt zu haben, um den Eingang zu fotografieren. Doch er konnte nachweisen, dass er zum fraglichen Zeitpunkt ein längeres Gespräch mit seiner Ehefrau geführt und das Handy nur zum Telefonieren, nicht zum Fotografieren benutzt hatte. Ende Januar wurde sein Hausarrest nach neun Wochen aufgehoben.
Beunruhigend ist jedoch die jüngste Meldung, derzufolge den Pariser Attentätern nahestehende Personen einen Nuklearingenieur aus dem belgischen Atomforschungszentrum in Mol ausgespäht haben sollen. Er wurde an seinem Wohnsitz gefilmt, Videomaterial mit einer Dauer von rund zehn Stunden wurde bei dem 26jährigen Mohamed Bakkali am 30. November gefunden. Bakkali hatte Verbindungen zu Abdeslam. Möglicherweise sollte der Nuklearingenieur entführt werden. Näheres ist jedoch nicht bekannt. Die belgische Staatsanwaltschaft bestätigte am 18. Februar, dass sie ermittelt.