Zu geschwätzig

Manchmal ist es doch einfach besser, die Klappe zu halten. Zumindest wünschte sich Renan Calheiros, dass andere es täten. Der brasilianische Senatspräsident von der Mitte-rechts-Partei PMDB hatte eine Gesetzesänderung gefordert: Beschuldigte in einem Strafverfahren sollten nicht die Möglichkeit bekommen, andere zu belasten, um Strafminderung zu bekommen. Im Mammutverfahren zum Korruptionsnetzwerk beim halbstaatlichen Erölkonzern Petro­bras, durch das sich Dutzende Politiker verschiedener Parteien und Unternehmer bereichert haben sollen, kamen viele Ermittlungen erst zustande, weil Beschuldigte im Gegenzug für Straferlass andere Personen denunziert haben. So wurden schon 105 Angeklagte verurteilt, gegen weitere 102 Verdächtige wird noch ermittelt. Auch gegen Calheiros laufen sieben Verfahren. Ob sie ihm erspart geblieben wären, hätten andere ihn nicht verpfiffen, ist nicht klar. Fest steht immerhin, dass er selbst seine Klappe nicht halten konnte.
Den Wunsch nach einer entsprechenden Gesetzesänderung äußerte er während eines Telefongesprächs mit Sérgio Machado, dem ehemaligen Vorsitzenden des staatlichen Ölkonzerns Transpetro, gegen den ebenfalls ermittelt wird. Das Gespräch vom 11. März dieses Jahres wurde geheim aufgezeichnet und vergangene Woche von der Zeitung Folha de São Paulo veröffentlicht. Das ist nicht ganz fair, aber Calheiros’ Aussagen werfen ein anderes Licht auf das Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin Dilma Rousseff, das vielen als »kalter Putsch« gilt. So hat das Verfahren offenbar unter anderem dazu gedient, weitere Ermittlungen gegen hohe Politiker des PMDB und Unternehmer im Petrobras-Verfahren zu verhindern. Calheiros behauptete in dem geleakten Gespräch nämlich auch, dass er mit der Justiz einen »Übergang verhandeln« könne, um Rousseff loszuwerden. Die geleakten Aussagen des mittlerweile zurückgetretenen Planungsministers von Übergangspräsident Michel Temer, Romero Jucá (PMDB), die ebenfalls vorige Woche veröffentlicht wurden, gehen in dieselbe Richtung. Auch er forderte einen Regierungswechsel, um die Strafverfolgung seiner Parteikollegen zu verhindern.