Gastbeitrag

Der Staatsdiener als Außenseiter

Gastbeitrag. Von Leo Fischer, der diese Woche klingt wie Thomas Fischer, Bundesrichter

Niemals würde man dem Opfer eines Verkehrsunfalls Blumen schicken, gegen die es allergisch ist. Niemals würde man einen Gabelstaplerfahrer Löffel sortieren lassen, nur weil er sich mit Besteck befasst. Niemals würde man jemandem, der durch solche krausen Vergleiche seine Texte aufzublasen pflegt, eine Kolumne anbie­ten, sogar die Zeit nicht. Und doch lässt man jemanden wie mich schon seit Jahren in jovial-onkelhafter ­Manier den Leuten den Kopf waschen, die glauben, irgendwie in Sachen Recht und Gesellschaft mitreden zu dürfen, seien es Journalisten, Richterkollegen oder andere Frauen. Denn das auf seine ganz einmalige Art verblödete Zeit-Publikum findet das einfach schnafte, wenn da ein Staatsdiener bildungshubernd bramarbasiert wie einst nur beim Königlich-Bayerischen Amtsgericht. Natürlich, wenn einer so tonnenschwer durch die Presse walzt, bleiben manchmal Opfer zurück. Etwa die frauenrecht­lerisch Dauerempörten, über deren Hormonhaushalt ich mir eben meine Gedanken mache. »Provokation ist Dialog, vor allem dort, wo man auf festgefügte Strukturen trifft«, habe ich der SZ dazu gesagt. Und etwas Festgefügteres als Feminismus gibt praktisch nicht, der ist ja mindestens schon 100 Jahre alt, das ist für mich Steinzeit pur. Die Leute sollen froh sein, dass jemand in einem der höchsten Staatsämter den Mut hat, sich als frecher Außenseiter zu inszenieren. Ähnlich gefühlt haben wird sich höchstens der Minister Goethe, wenn er Frauen zum Tode verurteil­te, um hinterher Gedichte über ihr Leiden im Gefängnis zu verfassen. Richter und Gerichtsreporter, Henker und Medienkritiker in einer Person vereint – da dürfte den Stokowskis jener Tage auch ganz schön die Krinoline geflattert haben, haha! Aber davon lasse ich mich nicht beirren. Erst halte ich Gericht über Sie, dann erscheint eine süffisante Glosse von mir über Sie, und am Ende kriegen es die Journalisten ab, die was dagegen haben! So entsteht das beste Justizentertainment seit dem Volksgerichtshof. In diesem Sinne: The show will go on!