Sleaford Mods' »All That Glue«

Schimpfen als Minijob

Platte Buch Von

Sleaford Mods wirken ja immer ein wenig so, als ob sie ein Projekt der Arbeitsagentur für Langzeitarbeitslose absolvierten. Da stehen zwei ausgemergelte Kerle: Andrew Fearn wackelt mit seiner Kappe auf dem Kopf hinter seinem Laptop herum, die linke Hand tief in der Jogginghosentasche, in der rechten eine Bierdose, während Jason Williamson in seinem East-Midlands-Dialekt in ein Mikrophon schimpft und dazu so etwa wie Gymnastik macht. Gleich, denkt man, kommt die Sozialpädagogin um die Ecke und sagt: Das war jetzt aber ganz toll!

Was Sleaford Mods machen, ist einzigartig. In welche Tradition soll man ihre Musik stellen? Am ehesten vergleichbar sind sie vielleicht mit The Streets, dem Projekt des Brit-Rappers Michael Skinner. Aber eigentlich geht es nur um das, was es ist: Jason Williamson schimpft rhythmisch zu den Lo-Fi-Beats von Andrew Fearn.

Jetzt also das retrospektive Album, Titel: »All That Glue«. Eine relativ chronologisch sortierte Mischung aus Hitsingles, Raritäten und bisher unveröffentlichten Tracks aus den Jahren 2013 bis 2019. Nicht alles, was die Band da ausgegraben hat, ­hätte auch veröffentlicht werden müssen. Das ziemlich öde vor sich hin blubbernde »Slow One’s Bothered« hätte niemand vermisst. Die göttlich sarkastische Single »Jobseeker« allerdings schon. Ein starkerTrack, der auch vom Text her alles bietet, was Sleaford Mods ausmacht: »So Mr. Williamson, what have you done in order to find gainful employment/Since your last signing on date?/Fuck all/I’ve been sat around the house wanking.« Und auch »Jolly Fucker« darf nicht fehlen. Da bellt Williamson die Hipster an: »Elitist hippies, arrogant cunts.« Dass Sleaford Mods nichts von ihrer Wucht verloren haben, beweist die richtig gute neue Single »Second«.

Zu den Raritäten gehören vor allem schwer aufzutreibende Beiträge zu Samplern. Der interessanteste Track ist der Song »When You Come Up to Me« aus dem letztveröffentlichten Album »Eton Alive«. Und es ist wirklich ein Song, der von Williamson nahezu zärtlich gesungen wird. Gesungen! Da deutet sich an, was von den Mods noch alles kommen könnte.

Sleaford Mods: All That Glue (Rough Trade)